EZB würgt Kreditvergabe an Unternehmen ab
Kreditvergabe an Firmen
sinkt erstmals seit 2015
Unternehmen befürchten weitere Verschlechterung der Finanzierungsmöglichkeiten
mpi Frankfurt
Die Finanzierungslücke in der Eurozone weitet sich aus. Während der Bedarf an Krediten laut einer Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) bei Unternehmen in der Eurozone leicht steigt, nehmen die befragten Firmen gleichzeitig wahr, dass sich die Finanzierungsmöglichkeiten verschlechtern – insbesondere bei Bankkrediten. Jedes zehnte Unternehmen stellt hier einen schlechteren Zugang fest.
Die Ergebnisse der Umfrage decken sich mit den jüngsten Daten zur Entwicklung der Kreditvergabe im Euroraum, die die EZB ebenfalls am Dienstag veröffentlichte. Erstmals seit dem Sommer 2015 vergaben Banken im Oktober weniger Kredite an Unternehmen als im Vorjahresmonat. Der Rückgang beträgt 0,3% und setzt einen Trend fort, der infolge der Zinswende bereits das ganze Jahr über zu sehen ist. Von Monat zu Monat schwächt sich die Kreditvergabe ab.
Finanzierungsmöglichkeiten dürften sich weiter verschlechtern
Dies dürfte sich weiter fortsetzen. Die von der EZB befragten Unternehmen rechnen damit, dass die bisherigen Zinserhöhungen ihre volle Wirkung noch nicht entfaltet haben. Sie erwarten sich weiter verschlechternde Finanzierungsmöglichkeiten. „Das deutet darauf hin, dass ein Teil der Transmission der Geldpolitik auf die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen noch nicht erfolgt ist“, teilte die EZB mit.
Die Daten dürften diejenigen im EZB-Rat bestärken, die das aktuelle Zinsniveau für ausreichend restriktiv halten, um die Inflation mittelfristig wieder auf den Zielwert von 2% zu senken. An den Finanzmärkten wird mit keiner weiteren Zinserhöhung im laufenden Zyklus gerechnet. Stattdessen drehen sich die Diskussionen darum, wann die EZB das erste Mal die Zinsen senken wird.
Debatte über Zinssenkungen
Etliche Ratsmitglieder haben betont, dass es der falsche Zeitpunkt sei, um über Zinssenkungen zu debattieren. Diesen Standpunkt bekräftigte Bundesbankpräsident Joachim Nagel am Dienstag bei einer Rede bei der zyprischen Notenbank. "Es wäre verfrüht, die Zinssätze bald zu senken oder über solche Schritte zu spekulieren", sagte er. "Nicht nur die Höhe der Zinssätze ist für den Kurs entscheidend, sondern auch die Erwartungen über die künftige Entwicklung der Zinssätze." Daher versucht die EZB, Spekulationen über Zinssenkungen in der ersten Jahreshälfte 2024 zu zerstreuen.
Der private Konsum scheint auch in den kommenden Monaten kein Inflationstreiber zu werden. Laut dem GfK-Konsumklima halten sich die Verbraucher in Deutschland weiter beim Konsum zurück. Zudem verliert die Kreditvergabe von Banken an private Haushalte in der Eurozone an Dynamik. Sie legte im Oktober nur leicht um 0,6% zu.