Deutscher Arbeitsmarkt im Juni

Fachkräftemangel bremst Jobabbau in Deutschland

Das über Monate schwache Wachstum in Deutschland hält auch den Arbeitsmarkt weiter im Griff. Nur der grassierende Fachkräftemangel hat bislang größere Entlassungswellen verhindert. Unter anderen Rahmenbedingungen läge die Zahl der Arbeitslosen bereits viel höher.

Fachkräftemangel bremst Jobabbau in Deutschland

Fachkräftemangel bremst Jobabbau in Deutschland

Zahl der Arbeitslosen erneut angestiegen – Weniger offene Stellen

Von Stephan Lorz, Frankfurt

Das über Monate schwache Wachstum in Deutschland hält auch den Arbeitsmarkt weiter im Griff. Nur der grassierende Fachkräftemangel hat bislang größere Entlassungswellen verhindert. Unter anderen Rahmenbedingungen läge die Zahl der Arbeitslosen bereits viel höher. Auf dem Ausbildungsmarkt sieht es besser aus.

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Juni im Vergleich zum Vormonat um 4.000 auf 2,727 Millionen gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeute dies einen Anstieg um 172.000 Personen, teilte die Bundesagentur für Arbeit mit. Die Arbeitslosenquote lag im Juni demnach unverändert zu Mai bei 5,8%.

Normalerweise sinkt die Arbeitslosigkeit im Juni, bedingt durch saisonale Effekte. In den vergangenen Jahren hatten allerdings Ereignisse wie die Corona-Pandemie und die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge zu Sondereffekten geführt. Im laufenden Jahr sind für die Entwicklung am Arbeitsmarkt nach Einschätzung der Bundesagentur nun wieder fast ausschließlich konjunkturelle Effekte ausschlaggebend. Und diese sorgen für einen Anstieg der Arbeitslosigkeit.

„Die Schwäche am Arbeitsmarkt hält weiter an“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Andrea Nahles. „Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nahmen im Juni saisonbereinigt spürbar zu. Die Unternehmen sind weiter zurückhaltend bei der Suche nach neuem Personal“, betonte Nahles. So ging auch die Zahl der gemeldeten offenen Arbeitsstellen weiter zurück. Im Juni lagen der Bundesagentur 701.000 freie Stellen vor, 69.000 weniger als ein Jahr zuvor. Und auch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit nimmt Nahles zufolge seit einigen Monaten kontinuierlich leicht zu. Im April hätten 242.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld erhalten. Damit können Betriebe Flauten überbrücken, ohne Arbeitnehmer zu entlassen.

Kürzungen bei Jobcentern im Gespräch

Angesichts der Schwäche auf dem Arbeitsmarkt warnte die BA-Chefin vor Kürzungen bei den Jobcentern, die für das Bürgergeld und Langzeitarbeitslose zuständig sind. Bei den Verhandlungen der Ampel-Regierung über den Bundeshaushalt für 2025 seien Kürzungen im Volumen von etwa 1 Mrd. Euro im Gespräch. Im Jahr 2023 hätten die Jobcenter 650.000 Bezieher von Bürgergeld bei der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung unterstützt. Damit das auch in Zukunft möglich bleibe, brauche es auskömmliche Finanzmittel.

Etwas besser in Schwung ist derzeit dagegen der Ausbildungsmarkt. Die Zahl der Bewerber um Lehrstellen liege mit 383.000 um 9.000 höher als vor einem Jahr. Von ihnen hatten im Juni noch 154.000 junge Leute weder eine Lehrstelle noch eine Alternative dazu gefunden. Gleichzeitig waren 480.000 Ausbildungsplätze gemeldet worden, 21.000 weniger als vor einem Jahr.

Wann die jetzt etwas günstigeren konjunkturellen Aussichten durchwirken, wird sich erst später weisen, weil der Arbeitsmarkt stets verzögert reagiert. Aber so recht nach oben geht es ja auch nicht. Die Stimmung im deutschen Einzelhandel etwa hat sich im Juni eher verschlechtert. Das Barometer für das Ifo-Geschäftsklima sank auf minus 19,5 Punkte, nach minus 13,3 Zählern im Mai. Die Einzelhändler beurteilten ihre Geschäftslage schlechter und ihre Erwartungen für die nächsten Monate trübten sich deutlich ein. Die verfügbaren Einkommen der Verbraucher seien zwar gestiegen, legte Ifo-Experte Patrick Höppner dar, diese Zuwächse seien aber aus Verunsicherung eher gespart und nicht für zusätzlichen Konsum ausgegeben worden.

lz Frankfurt
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