Notenbank

„Falken“ und „Tauben“ der EZB im Fernduell

Unmittelbar vor der wegweisenden Zinssitzung des EZB-Rats in der nächsten Woche haben am Mittwoch gleich eine ganze Reihe Euro-Notenbanker die letzte Chance genutzt, öffentlich Position zu beziehen - mit kontroversen Botschaften.

„Falken“ und „Tauben“ der EZB im Fernduell

ms Frankfurt

Unmittelbar vor der wegweisenden Zinssitzung des EZB-Rats in der nächsten Woche haben am Mittwoch gleich eine ganze Reihe Euro-Notenbanker die letzte Chance genutzt, öffentlich Position zu beziehen – schließlich beginnt am heutigen Donnerstag die Schweigephase vor der Sitzung. Die Wortmeldungen untermauerten dabei die Erwartung, dass das EZB-Führungsgremium vor hitzigen Diskussionen steht: Während die Hardliner („Falken“) auf erste Schritte zur Normalisierung der Geldpolitik dringen, mahnen die „Tauben“ zur Vorsicht und warnen vor voreiligen Schritten.

Zukunft von PEPP im Fokus

Der EZB-Rat tagt nächsten Donnerstag und dann dürfte es insbesondere um die Zukunft des 1,85 Bill. Euro umfassenden Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP gehen. Bislang ist das Programm bis mindestens Ende März 2022 beschlossen und seit März kauft das Eurosystem mit erhöhtem Tempo – als Reaktion auf die seinerzeit steigenden Anleiherenditen. Jetzt muss der EZB-Rat zumindest entscheiden, in welchem Tempo es im vierten Quartal weitergeht. In der Vergangenheit hatte er aber zudem häufig ein halbes Jahr vor einem Enddatum auch längerfristige Entscheidungen getroffen.

Neue Brisanz hat die Diskussion durch den erneut unerwartet starken Sprung der Inflation im Euroraum im August auf 3,0% erhalten – der höchste Stand seit einem Jahrzehnt. Einige EZB-„Falken“ wie die Zentralbankchefs Robert Holzmann (Österreich) und Klaas Knot (Niederlande) hatten deshalb und wegen der besseren Konjunktur dafür plädiert, dass die EZB ihre Anleihekäufe im vierten Quartal verlangsamt und im März beendet (vgl. BZ vom 1. September).

Am Mittwoch äußerte sich nun Bundesbankpräsident Jens Weidmann in die gleiche Richtung. Er mahnte erneut zu einem rechtzeitigen Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes und warnte noch einmal, den aktuellen Inflationsanstieg nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Wir sollten auch das Risiko einer zu hohen Inflation nicht ausblenden“, sagte er bei einem Symposium der Bundesbank: „Angesichts der be­stehenden Unsicherheit sollten wir den sehr lockeren Kurs der Geldpolitik nicht für zu lange festschreiben.“

Dagegen riet Griechenlands Zentralbankchef Giannis Stournaras, eine der „Tauben“ im EZB-Rat, dazu, den Inflationsanstieg nicht überzuinterpretieren. „Den meisten Schätzungen zufolge ist der jüngste Inflationssprung auf temporäre Faktoren im Zusammenhang mit verschiedenen durch die Pandemie verursachten angebotsseitigen Engpässen zurückzuführen“, sagte er zu Bloomberg: „Angesichts dieser Tatsachen würde ich zur Vorsicht raten, was den Verlauf der Inflation in Bezug auf unser mittelfristiges Ziel angeht.“

Bemerkenswert war am Mittwoch aber auch die Wortmeldung von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos. Er sagte der Online-Zeitung „El Confidencial“, dass sich die Euro-Wirtschaft schneller als erwartet von der Coronakrise erhole. Das werde sich auch in den neuen EZB-Projektionen zeigen. „Wenn sich die Inflation und die Wirtschaft erholen, wird es logischerweise zu einer schrittweisen Normalisierung der Geldpolitik und auch der Finanzpolitik kommen“, sagte de Guindos, der nicht als geldpolitischer Hardliner gilt.

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