Auftragseingang sinkt unerwartet

Fehlende Auslandsnachfrage verlängert Industriemisere

Vor allem das geringe Interesse aus dem Ausland hat der deutschen Industrie unerwartet das fünfte Auftragsminus in Folge beschert.

Fehlende Auslandsnachfrage verlängert Industriemisere

Industriemisere verlängert sich

Auftragseingang fällt wegen schwacher Auslandsnachfrage unerwartet – Großaufträge verzerren das Bild – Umsatz sinkt

Vor allem das geringe Interesse aus dem Ausland hat der deutschen Industrie im Mai unerwartet das fünfte Auftragsminus in Folge beschert. Ohne die volatilen Großaufträge wäre der Ordereingang noch stärker gesunken. Ohne Rückenwind von der Weltwirtschaft hat es die Industrie weiter schwer.

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie kann auch im Mai das Ruder nicht herumreißen – im Gegenteil, mit dem fünften Auftragsminus in Folge verlängert sich die Misere. Zumal Frühindikatoren gleichfalls keine Wende zum Besseren andeuten. Dies sind auch für die Gesamtwirtschaft keine guten Nachrichten, denn die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das zweite Quartal an den guten Jahresstart nicht anschließen kann. In den ersten drei Monaten hatte das BIP, getragen von Export und Bauinvestitionen, noch unerwartet gut um 0,2% zugelegt.

April noch schwächer

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) hat das verarbeitende Gewerbe im Mai preis-, saison- und kalenderbereinigt 1,6% weniger Neubestellungen generiert als im Vormonat. Zudem war die Auftragsentwicklung im April deutlich schwächer als zunächst gemeldet: Die Wiesbadener Statistiker revidierten den Rückgang von 0,2% auf 0,6% nach unten. Ökonomen hatten für Mai indes ein Plus von 0,5% erwartet und äußerten sich daher entsprechend skeptisch.

Nur die Inlandsnachfrage steigt

„Der Abwärtstrend ist noch immer in vollem Gang“, urteilt etwa Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Für das abgelaufene Quartal zeichne sich ein klares Auftragsminus ab. „Es bleibt zu hoffen, dass die Weltwirtschaft ein noch weiteres Abrutschen abmildert.“ Danach sieht es derzeit aber nicht aus, wie etwa die jüngsten Einkaufsmanagerumfragen für die USA und China zeigen. Eine deutliche Verbesserung zeichne sich kurzfristig nicht ab, mahnt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. „Gerade deshalb wird sich die Auftragssituation nicht deutlich verbessern. Damit wird das deutsche Wachstum nicht auf Touren kommen."

Auch das Bundeswirtschaftsministerium macht den merklichen Orderrückgang aus dem Ausland von 2,8%, vor allem bei den Ländern außerhalb des Euroraums (–4,6 %) verantwortlich. Die Nachfrage aus dem Inland stieg hingegen um 0,5%. „Erst im Zuge der weiteren Erholung des Welthandels und der allmählichen Belebung der Nachfrage nach Industrieerzeugnissen dürften sich die Auftragseingänge stabilisieren“, betonte denn auch das Ministerium mit Blick auf die jüngste Eintrübung der Geschäftserwartungen im verarbeitenden Gewerbe. Sowohl das Ifo-Geschäftsklima als auch der Einkaufsmanagerindex zeigten zuletzt deutliche Rücksetzer.

Großaufträge verzerren erneut das Bild

Ohne die Berücksichtigung der schwankungsanfälligen Großaufträge, die ohnehin erst mit Verzögerung produktionswirksam werden, sanken die Auftragseingänge noch stärker, nämlich um 2,2%. Im Dreimonatsvergleich ergibt sich ohne Großaufträge ein Rückgang um 0,8 % zu den drei Monaten zuvor, inklusive der volatilen Größe beträgt das Minus 6,2%.

Weniger Flugzeuge bestellt

Im Mai verlief die Entwicklung in den Wirtschaftszweigen erneut sehr unterschiedliche. Besonders im sonstigen Fahrzeugbau, zu dem Flugzeuge, Schiffe und Züge zählen, sanken die Auftragseingänge saison- und kalenderbereinigt um 19,2% zum Vormonat.

„Der deutliche Rückgang in diesem Bereich ist auf ein geringeres Volumen an Großaufträgen als im Vormonat im Bereich des Flugzeugbaus zurückzuführen“, hieß es in Wiesbaden. Einen negativen Einfluss auf das Gesamtergebnis hatte aber auch die um 2,9% geringere Orderzahl in der Automobilindustrie. Bei den Herstellern pharmazeutischer Erzeugnisse gingen 2,4% weniger Bestellungen ein, im Maschinenbau ging es 1,9% abwärts.

Positiv auf das Gesamtergebnis wirkten hingegen die Zuwächse bei der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (11,2%), in der Metallerzeugung und -bearbeitung (3,8%) sowie in der energieintensiven Chemie (1,7%).

Auch der Umsatz sinkt

Für eine geringere Produktion spricht auch der Industrie-Umsatz, der im Mai um 0,7% zum Vormonat gefallen ist.

Für April revidierten die Statistiker das Minus von 0,9% auf 1,0% leicht nach unten.

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