Kryptowährungen

Flucht vor Sanktionen alarmiert Lagarde

Die EZB-Chefin warnt bei einer Konferenz Anbieter von Kryptowährungen vor Beihilfe zum Umgehen von Sanktionen. Frankreichs Notenbankchef Villeroy de Galhau macht Druck in Sachen EU-Regulierung.

Flucht vor Sanktionen alarmiert Lagarde

rec Frankfurt

Der Umgang von Aufsehern und Gesetzgebern mit Kryptowährungen wie Bitcoin bekommt vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs neue Dringlichkeit. Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, zeigt sich alarmiert, dass russische Oligarchen und Unternehmer mit Hilfe von Kryptowährungen Finanzsanktionen umgehen. Bei einer Konferenz der als Zentralbank der Zentralbanken bekannten BIZ warnte Lagarde Anbieter von Kryptowährungen vor Beihilfe zur Flucht vor Sanktionen. Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau dringt auf eine EU-weite Regulierung.

Der Krieg in der Ukraine verdeutlicht einmal mehr die ambivalente Natur von Kryptowährungen wie Bitcoin. Befürworter preisen sie als dezentrale Alternative zu herkömmlichen Währungen. Die ukrainische Regierung etwa erhält über Kryptoassets nach eigenen Angaben zig Millionen Euro an Spenden. Kritiker weisen hingegen auf die Anfälligkeit für Missbrauch hin.

Diese Ambivalenz wurde auch zu Beginn einer zweitägigen Konferenz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) deutlich. Be­stimmte Unternehmen und Personen versuchten, ihre Rubel in Kryptowährungen umzutauschen, sagte Lagarde. Die EZB-Chefin warnte in diesem Zusammenhang Kryptofirmen in der EU: „Hier in Europa haben wir Schritte eingeleitet, um all denjenigen zu signalisieren, die umtauschen, Transaktionen betreiben, Dienstleistungen mit Bezug auf Kryptowährungen anbieten, dass sie Komplizen sind beim Versuch, Sanktionen zu umgehen.“

In Reaktion auf die ununterbrochenen Angriffe Russlands in der Ukraine haben westliche Regierungen eine Reihe von Sanktionen verhängt. Beispielsweise sind mehrere russische Banken vom Finanzkommunikationssystem Swift ausgeschlossen. Außerdem haben die EU, USA und Verbündete Vermögen von Oligarchen, die sie der Nähe zur russischen Regierung bezichtigen, eingefroren. Dadurch ist Russland zu beträchtlichen Teilen vom internationalen Finanzsystem und den globalen Kapitalmärkten abgeschnitten. Allerdings gab es von Anfang an Befürchtungen, die Sanktionen könnten teils umgangen werden.

In diese Richtung zielen nun auch die Aussagen Lagardes. Die EZB-Chefin verwies auf Statistiken, wonach der Umtausch von Rubel in Kryptowährungen seit Kriegsbeginn stark zugenommen habe. Grundsätzlich werde es künftig um eine „Koexistenz“ privater Spielarten von Kryptowährungen wie Stablecoins und digitalen Zentralbankwährungen gehen, sagte Lagarde. Auch die EZB bewege sich seit zwei Jahren mit den Vorarbeiten an einem digitalen Euro in diese Richtung. Beschließen müsse die Einführung eines digitalen Euro gleichwohl der EZB-Rat. Dem wolle sie nicht vorgreifen.

Mitsprache hat somit beispielsweise Frankreichs Notenbankchef Villeroy de Galhau. Er verdeutlichte die Gratwanderung der Notenbanken. „Wohlwollende Vernachlässigung oder gar ein Verbot“ von Kryptowährungen und daraus hervorgehender Technologien seien „keine Option mehr“, sagte Villeroy der Galhau. Der Nachfolger von Ex-Bundesbankchef Jens Weidmann an der Spitze des Verwaltungsrats der BIZ nahm die EU-Institutionen in die Pflicht, „so schnell wie möglich“ eine Verordnung zur Regulierung von Kryptowährungen zu beschließen. Mit der sogenannten Mica-Verordnung be­fasst sich momentan das EU-Parlament. Ein zwischenzeitlich erwogenes Verbot von Bitcoin ist in der Europäischen Union vorerst vom Tisch.