Frankreich hebt Defizitprognose für 2024 deutlich an
Frankreichs Defizitplan
Frankreich hebt Defizitprognose an
Statt 4,4 Prozent wie ursprünglich geplant nun 5,1 Prozent in diesem Jahr erwartet
wü Paris
Von Gesche Wüpper, Paris
Frankreichs Haushaltsdefizit wird in diesem Jahr deutlich höher ausfallen als ursprünglich geplant. Das geht aus dem neuen Stabilitätsprogramm hervor, welches das Wirtschaftsministerium jetzt vorgestellt hat. Statt von 4,4%, wie vorher erwartet, gehen Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und der beigeordnete Haushaltsminister Thomas Cazenave nun davon aus, dass das Defizit 5,1% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen wird. Nächstes Jahr soll es auf 4,1% sinken, dann bis 2027 auf unter 3%.
Nachdem die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone das selbstgesteckte Defizitziel von 4,9% mit 5,5% vergangenes Jahr deutlich verfehlt hat, hatten Ökonomen bereits bezweifelt, dass die Prognose für 2024 zu halten ist. Dennoch sorgt das Eingeständnis in Paris für große Spannungen, da die ohnehin geschwächte Regierung der Opposition damit kurz vor den Europa-Wahlen eine zusätzliche Angriffsfläche bietet. Sie muss zudem in den kommenden Wochen das Urteil der Ratingagenturen fürchten – und einen Glaubwürdigkeitsverlust gegenüber europäischen Partnern wie der Bundesrepublik.
Moody’s zumindest hält es für unwahrscheinlich, dass Frankreich sein Ziel erreicht, das Defizit 2027 unter 3% zu senken. Das neue Stabilitätsprogramm, das am 17. April dem Ministerrat und zwei Wochen später der EU-Kommission vorgelegt werden soll, beruht obendrein auf Wachstumsprognosen, die Ökonomen für zu optimistisch halten. So erwarten Le Maire und Cazeneuve für nächstes Jahr ein Wachstum von 1,4%, 2026 dann 1,7% und 2027 schließlich 1,8%. Es seien erste Anzeichen zu sehen, dass das Wachstum wieder zunehme, heißt es im Wirtschaftsministerium. Die neuen Ziele seien ehrgeizig, aber erreichbar.
Spannungen zwischen Macron und Le Maire
Allerdings sorgt die Frage, wie das Defizit in diesem Jahr auf 5,1% gesenkt werden kann, für reichlich Unmut. Die konservativen Republikaner werfen der Regierung bereits vor, heimlich Pläne für Steuererhöhungen nach den Europa-Wahlen zu hegen. Das Thema sorgt auch für große Verstimmungen zwischen Präsident Emmanuel Macron und Wirtschaftsminister Le Maire. Während Le Maire dafür plädiert, einen Nachtragshaushalt auszuarbeiten, um weitere Einsparungen zu beschließen, ist Macron dagegen. Die Republikaner könnten dann ihre Drohung wahrmachen und bei der Gelegenheit einen Misstrauensantrag einreichen.
Le Maire hatte bereits im Februar zusätzliche Einsparungen für dieses Jahr in Höhe von 10 Mrd. Euro angekündigt, als er die Wachstumsprognose von 1,4% auf 1% gesenkt hat. Dies wäre der höchste Betrag, der per Dekret ohne Nachtragshaushalt beschlossen werden kann. Wie jetzt aus dem Wirtschaftsministerium verlautete, sind dieses Jahr jedoch weitere Einsparungen über 10 Mrd. Euro nötig.
Der Großteil soll mit 5 Mrd. Euro auf die öffentliche Verwaltung entfallen, inklusive Immobilien in Staatsbesitz. Die Regierung könnte bis zu ein Viertel davon verkaufen. Die Gebietskörperschaften wiederum sollen 2 Mrd. Euro beitragen, nachdem ihre Ausgaben letztes Jahr um rund 4 Mrd. Euro aus dem Ruder gelaufen sind. Die restlichen 3 Mrd. Euro könnte eine Supergewinn-Steuer bringen. Eine Arbeitsgruppe soll Vorschläge ausarbeiten.