EZB-Studie

Geopolitische Spannungen leiten Investments um

Geopolitische Konflikte verändern die Investitionsentscheidungen von Unternehmen. Die Auswirkungen dessen auf die Weltwirtschaft sind erheblich.

Geopolitische Spannungen leiten Investments um

Konflikte lenken Investitionen um

EZB-Studie: Geopolitik verändert Entscheidungen der Unternehmen

mpi Frankfurt

Investitionsentscheidungen von Unternehmen werden einer EZB-Studie zufolge zunehmend von geopolitischen Spannungen beeinflusst. Westliche Firmen investieren verstärkt in kulturell westlich geprägten Ländern, während sie ihre Aktivitäten in östlich geprägten Staaten zurückfahren. Die EZB führt das nach Modellrechnungen nicht auf ökonomische Entwicklungen wie unterschiedlich starkes Wirtschaftswachstum oder Nachfrage nach Gütern zurück, sondern auf geopolitische Spannungen.

Fragmentierung bei Investitionen seit 2016

Diese Fragmentierung bei Investments lassen sich laut EZB bereits ab 2016 feststellen. Mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben die geopolitischen Spannungen und dessen Folgen auf die Wirtschaft noch weiter zugenommen. „Unabhängig von der geografischen Entfernung waren die Ströme von ausländischen Direktinvestitionen innerhalb geopolitischer Blöcke in den drei Jahren bis zum ersten Quartal 2024 schätzungsweise fast dreimal so hoch wie die Ströme zwischen geopolitischen Blöcken“, schreibt die EZB.

Dabei fokussieren sich europäische Unternehmen bei ihren Investitionen im Ausland zunehmend auf die USA. Die EZB begründet dies zum einen mit „Friendshoring“, also dem Verlagern von wirtschaftlichen Aktivitäten in Ländern mit ähnlicher politischer Ausrichtung. Zum anderen dürfte aber auch der Inflation Reduction Act (IRA) der USA dazu beigetragen haben. Die Subventionen für Unternehmen im Rahmen dieses 2022 verabschiedeten Gesetzes hätten neben europäischen auch chinesische Firmen trotz geopolitischer Spannungen zu Direktinvestitionen in den USA bewegt.

Vorsorgliche Verlagerung

Chinesische Firmen bauen zudem derzeit gezielt Produktionsstätten in der EU auf, vor allem in Nicht-Euro-Ländern wie beispielsweise Ungarn. „Dies könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass Unternehmen in Erwartung zunehmender Handelsspannungen ihre Produktion vorsorglich verlagern“, meinen die Studienautoren der EZB. Statt von China nach Europa zu importieren und dann etwaige Strafzölle bei der Einfuhr zu zahlen, würden die Unternehmen dann direkt in Europa ihre Waren herstellen und anschließend dort vertreiben.

Nicht nur chinesische Firmen wenden diese Form der vorsorglichen Verlagerung an. Dennoch befinden sich die europäischen Direktinvestitionen in China auf einem abnehmenden Trend. Das Investitionsvolumen zwischen Europa und China hat nach EZB-Berechnungen in den vergangenen zwei Jahren um 20% abgenommen. Eine Ausnahme bei dieser Entwicklung bildet Deutschland. Insbesondere die Automobilbranche verstärkte in den vergangenen Jahren ihre Investitionen in China, teilen die Studienautoren mit.

Verschiedene Effekte

Wie sich die veränderten Investitionsmuster auf die wirtschaftliche Entwicklung Europas auswirken werden, ist laut den Autoren unklar. Einerseits könnte die Verlegung von Produktionen europäischer Unternehmen in etwa die USA die wirtschaftliche Aktivität innerhalb Europas dämpfen. Anderseits könnten die neuen Produktionsstandorte die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken, was auch der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa zugutekäme. Eine geopolitische Fragmentierung bei Investitionen und im Handel ist laut EZB schädlich für die Weltwirtschaft – insbesondere für europäische Unternehmen, für die der Außenhandel eine wichtige Rolle spielt.

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