Habeck schlägt Investitionsprämie und Deutschlandfonds vor
Habeck für Investitionsprämie
Wirtschaftsminister legt Modernisierungspaket vor – Finanzierung über Deutschlandfonds
Wirtschaftsminister Robert Habeck will Unternehmen eine 10%-Investitionsprämie zahlen. Die strukturellen Standortprobleme will der Grünen-Politiker zugleich mithilfe eines neuen schuldenfinanzierten „Deutschlandfonds“ angehen, der mit einem dreistelligen Milliardenbetrag gefüllt werden soll.
ahe Berlin
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat eine „Modernisierungsagenda“ vorgelegt, mit der er die strukturellen Probleme des Standorts Deutschland angehen will. Der Grünen-Politiker stellte in dem 14-Seiten-Papier, das er am Mittwoch veröffentlichte, sechs Punkte besonders in den Fokus: den Bürokratieabbau, das Senken der Stromkosten, effizientere Handelsverträge, eine bessere Arbeits- und Fachkräftegewinnung, Klimaschutz sowie eine Stärkung von Innovationen und Wettbewerb.
„Angesichts der geopolitischen Herausforderungen und der strukturellen Probleme in Deutschland und Europa müssen wir die Kräfte neu entfesseln“, begründete der Minister seinen Vorstoß. Es sei entscheidend, einerseits die Innovationskraft zu stärken und die digitale Transformation voranzubringen und andererseits die Industrie wettbewerbsfähig zu machen. „Im Zentrum einer Modernisierung der Wirtschaft muss dabei die Verbindung von Strukturreformen und Investitionsimpulsen stehen“, so Habeck in Berlin.
Prämie für Investitionen
Investitionen der Unternehmen – mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen – will Habeck mit einer Prämie von 10% jährlich fördern. Diese Investitionsprämie wird mit der Steuerzahlung verrechnet. Macht ein Unternehmen keine Gewinne oder ist die Prämie höher als die Steuerschuld, kann die Differenz auch ausgezahlt werden. Nach Einschätzung von Habeck ist dies ein treffsicheres Instrument für das Anreizen von Investitionen als allgemeine Steuersenkungen. Die Maßnahme sollte zeitlich auf die nächsten fünf Jahre befristet werden. Das größere Wirtschaftswachstum würde laut Modernisierungsagenda dafür sorgen, dass die Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nur moderat ansteigen würde.
„Pragmatischer Weg“
Zur Finanzierung schlug der Minister die Einrichtung eines schuldenfinanzierten Deutschlandfonds vor. Ein genaues Volumen nannte Habeck zwar nicht, verwies aber auf Berechnungen des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), der von einem Investitionsbedarf in den nächsten zehn Jahren im mittleren dreistelligen Milliardenbereich ausgeht. Habeck nannte sein Standortprogramm einen „pragmatischen Weg“, der auch für Befürworter der heutigen Schuldenbremse gangbar sei. Die heutigen Standortprobleme seien zudem über Jahrzehnte entstanden. „Alle Bundesregierungen dieser Zeit und damit alle Parteien der demokratischen Mitte tragen dafür Verantwortung. Es ist daher unsere gemeinsame Aufgabe, unsere Wirtschaft, unser Land wieder in Schwung zu bringen“, hieß es in der Agenda.
Lindner: Habeck will fundamental andere Wirtschaftspolitik
Aus den USA meldete sich in einer ersten Reaktion auch Finanzminister Christian Lindner zu Wort. Der FDP-Chef verwies darauf, dass sein Kabinettskollege nicht einfach einen Vorschlag in die Debatte eingebracht habe. „Robert Habeck fordert eine fundamental andere Wirtschaftspolitik für Deutschland“, betonte Lindner. „Das ist schon ein Hammer.“
Lindner lässt in seinem Ministerium jetzt erst einmal prüfen, welche der Vorschläge theoretisch überhaupt umsetzbar sind und will erst im Anschluss inhaltlich weiter diskutieren. Er verwies darauf, dass in dem Zusammenhang das europäische Beihilferecht und auch die EU-Fiskalregeln beachtet werden müssten, was alles andere als trivial sei. Nach Angaben von Lindner muss rasch Klarheit über die Vorschläge von Habeck geschaffen werden. Es sei klar, dass gerade die Unsicherheit über die weiteren Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft selbst Teile des Problems geworden sei, stellte der Finanzminister klar. Lindner nimmt ab Donnerstag in Washington an der IWF-Herbsttagung teil.
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch zeigte sich in einer ersten Reaktion offen gegenüber der Schaffung eines Investitionsfonds. Aus der CDU/CSU kam hingegen Ablehnung – auch für eine Investitionsprämie. „Nötig und sinnvoll wären breit angelegte, langfristig planbare und unbürokratische Entlastungen bei Steuern, Energiepreisen und Sozialabgaben“, sagte Vizefraktionschef Mathias Middelberg zu Reuters. Das würde den Standort nachhaltig wieder attraktiv machen. Dazu fehle der Ampel aber die Kraft. Die Vorschläge sollen in der nächsten Woche auch Thema beim Industriegipfel sein.