Harte Corona-Politik bringt China weiter aus dem Tritt
nh Schanghai
Chinas Festhalten an scharfen Corona-Restriktionen setzt in Verbindung mit saisonalen Wetterfaktoren und anhaltenden Verwerfungen am Wohnimmobilienmarkt dem für die zweite Jahreshälfte erhofften Aufschwung weiterhin enge Grenzen. Die am Mittwoch vom Pekinger Statistikbüro verbreiteten Einkaufsmanagerdaten für August deuten auf einen weiteren Schwungverlust im verarbeitenden Gewerbe hin, während sich die Stimmung im Dienstleistungsgewerbe wieder einzutrüben beginnt.
Der offizielle Purchasing Manager Index (PMI) für die Industrie hat sich im August zwar geringfügig von 49,0 auf 49,4 Punkte verbessert, bleibt aber damit den zweiten Monat in Folge unter der Expansionsschwelle bei 50 Punkten. Dies deutet auf eine Verringerung der Aktivität im Vergleich zum Vormonat hin und erhärtet die Sichtweise, dass der chinesischen Industrie nach Aufhebung des zweimonatigen Schanghai-Lockdowns Anfang Juni nur eine kurze Aufschwungsphase vergönnt war. Ähnliches scheint ebenso für den Dienstleistungssektor zu gelten. Hier hat sich der offizielle PMI des Statistikbüros, der auch die Aktivität im Baugewerbe mit abbildet, bereits wieder von 58,8 auf 52,6 Punkte ermäßigt.
Im August hatten sich neue Corona-Ansteckungsherde und daran angegliederte Lockdown-Maßnahmen vor allem auf die Provinz Hainan und eine Reihe anderer Gegenden mit starkem Sommer-Tourismus konzentriert und damit die wichtigen Wirtschafts- und Industriezentren ausgespart. Allerdings wirkte sich eine massive Hitzewelle bremsend auf die Wirtschaftstätigkeit aus und führte neben großen landwirtschaftlichen Schäden auch zu ernsten Stromversorgungsengpässen in Gegenden mit starkem Rückgriff auf hydroelektrische Energiequellen. Insbesondere in Sichuan und entlang des Yangtse war es dadurch zu Produktionsunterbrechungen und Lieferkettenproblemen gekommen.
Zwar dürfte die Hitzeproblematik im weiteren Jahresverlauf keine große Rolle mehr spielen, doch zeichnen sich für September bereits wieder neue Behinderungen durch Corona-Restriktionen und partielle Lockdowns in wirtschaftlich besonders relevanten Ballungsgebieten ab. Zwar hat sich die Zahl der täglichen Neuansteckungen zuletzt bei etwa 1500 stabilisiert, allerdings wurden in allen 31 chinesischen Provinzen neue Fälle registriert und mit sofortigen Restriktionen beantwortet.
In den südchinesischen Wirtschaftsmetropolen Guangzhou und Shenzhen haben eine Hand voll Neuansteckungen zu partiellen Lockdowns, Restaurant- und Geschäftsschließungen geführt. Dabei wurde auch der weltgrößte Großhandelsmarkt für Elektronikwaren in Shenzhen abgeriegelt. Zu weiteren von Restriktionen betroffenen wirtschaftsstarken Gebieten gehören die Großstadt Chengdu in Sichuan, die wichtigen nordchinesischen Hafenzentren Dalian und Tianjin sowie Shijiazhuang, die Hauptstadt der den Pekinger Raum umschließenden Provinz Hebei.