Hoher Inflationsdruck stärkt EZB-Falken
Mahnung an die EZB
Inflation in Deutschland steigt wegen Basiseffekten – Kernrate legt auf 3 Prozent zu
Die deutsche Inflation legt im November nach nationaler Berechnung von 2,0 auf 2,2% zu. Auch wenn im Wesentlichen Basiseffekte daran Schuld sind, sehen Ökonomen in den Inflationsdaten Gründe zur Vorsicht bei der weiteren Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank.
mpi Frankfurt
Die Inflation steigt in Deutschland den zweiten Monat in Folge – zumindest nach nationaler Berechnungsmethode. Nach einem Anstieg von 2,0% im Oktober legen die Verbraucherpreise nach einer vorläufigen Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im November um 2,2% zu. Die europäische harmonisierte Inflationsrate (HVPI) verharrt hingegen bei 2,4%.
Der Inflationsanstieg in nationaler Berechnungsmethode lag im Wesentlichen an statistischen Basiseffekten, die darauf zurückzuführen sind, dass die Energiepreise vor einem Jahr deutlich gefallen waren. EZB und Volkswirte hatten den Anstieg der Inflation deshalb erwartet. Von Bloomberg befragte Ökonomen waren im Schnitt sogar von einer Inflationsrate in Höhe von 2,3% im November ausgegangen.
„Erhebliches Beharrungsvermögen“
Michael Heise, Chefökonom des Multi Family Offices HQ Trust, rät der EZB dennoch dazu, den moderateren Anstieg der Inflation nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Die Inflation zeigt auch in Deutschland trotz der sehr schwachen Konjunktur ein erhebliches Beharrungsvermögen“, sagte Heise. „Dafür spricht auch, dass die Kerninflation weiterhin auf einem sehr hohen Niveau liegt.“
Hier gibt es im November einen Anstieg von 2,9 auf 3,0%. Die Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Lebensmittel- und Energiepreise ausgeklammert sind, gilt Notenbankern als guter Gradmesser für den unterliegenden Preisdruck. „Der unterliegende Preisauftrieb ist also weiterhin deutlich stärker, als die EZB dies mit 2% eigentlich anpeilt“, sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Hauptverantwortlich für die hohe Kerninflation ist die Teuerung bei Dienstleistungen. Hier liegt die Inflation im November bei 4,0% und gibt damit weiterhin nicht nach.
Hohes Lohnwachstum
Das hohe Lohnwachstum in Deutschland führt vor allem im arbeitsintensiven Dienstleistungssektor zu Preiserhöhungen. Die EZB erwartet, dass sich das Lohnwachstum deutlich abschwächt und damit der Inflationsdruck abnimmt. Im dritten Quartal waren die Löhne allerdings unerwartet kräftig gestiegen.
Nichtsdestotrotz dürfte bei der kommenden Zinssitzung der EZB am 12. Dezember die nächste Zinssenkung anstehen. Die Frage ist eher, ob die Notenbanker eine weitere Lockerung um 25 Basispunkte folgen lassen oder angesichts der drohenden negativen wirtschaftlichen Folgen für Europa durch Donald Trumps Wahlsieg in den USA eine Zinssenkung um 50 Basispunkte beschließen. Letzteres scheint immer unwahrscheinlicher zu werden.
Argumente gegen große Zinssenkung
„Die heute veröffentlichten Makrodaten für die Eurozone dürften die EZB-Falken dazu ermutigen, Einwände gegen eine Zinssenkung um 50 Basispunkte im Dezember zu erheben, und die Argumente für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte mehren sich“, meint ING-Chefökonom Carsten Brzeski. Er bezieht sich damit auf einen Anstieg des Economic Sentiment Index (ESI) der Europäischen Kommission. Zudem ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien die Inflation gestiegen. Das spanische Statistikamt INE teilte am Donnerstag mit, dass die Teuerung dort von 1,8 auf 2,4% geklettert ist. Wie in Deutschland liegt das vor allem an Basiseffekten bei den Energiepreisen. Am Freitag veröffentlicht die europäische Statistikbehörde Eurostat die Inflationsdaten für die gesamte Eurozone. Auch hier dürfte es einen Anstieg geben.
„Die aktuellen Inflationszahlen stehen im Widerspruch zur aktuellen geldpolitischen Diskussion, in der Zinssenkungen als immer dringender angesehen werden“, sagte Ulrich Kater, Chefökonom der DekaBank. „Solange die Inflationsraten nicht wieder in den Rückwärtsgang gehen, sind in den kommenden Monaten allenfalls vorsichtige Zinssenkungen machbar.“ Die Finanzmärkte preisen hingegen derzeit ein, dass die EZB den Leitzins 2025 deutlich senkt.