Ifo-Anstieg signalisiert allenfalls Bodenbildung
Ifo-Anstieg signalisiert allenfalls Bodenbildung
Geschäftsklimaindex legt leicht zu − Lage etwas besser − Nur die Dienstleister sind zufriedener
ba Frankfurt
Die Unternehmen in Deutschland zeigen sich zwar zu Jahresanfang etwas besser gelaunt, die politische Gemengelage allerdings ist weiter eine Belastung. „Die deutsche Wirtschaft bleibt pessimistisch“, kommentiert Ifo-Präsident Clemens Fuest den unerwarteten Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex um 0,4 auf 85,1 Punkte. Ökonomen hatten zwar keinen dritten Rückgang in Folge prognostiziert, aber nur einen neuen Zählerstand von 84,8 auf der Rechnung. Damit hat das wichtigste Frühbarometer für die deutsche Konjunktur die überraschend kräftige Aufhellung des Einkaufsmanagerindex nicht komplett nachvollzogen.
Lage etwas besser beurteilt
„Der Anstieg war primär das Ergebnis einer günstigeren Bewertung der gegenwärtigen Situation“, erklärte Fuest. Das entsprechende Barometer legte um 1,0 auf 86,1 Punkte zu. Die Erwartungen fielen hingegen erneut schlechter aus, der Index gab um 0,2 auf 84,2 Zähler nach. „Wir verharren in der Stagnation. Das gilt für fast alle Branchen", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. Es sei „nirgendwo ein klarer Aufwärtstrend zu sehen“.
Bau und Industrie bleiben Sorgenkind
Gegen den Trend stemmten sich allein die Dienstleister: Deren Klimaindex stieg und insbesondere bei den IT-Dienstleistern verbesserte sich der Ausblick maßgeblich. Bei den beiden Sorgenkindern, der Industrie und dem Bau, hat das Geschäftsklima hingegen erneut nachgegeben. Die Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe verharrte nahezu unverändert bei 76,5% − das langjährige Mittel liegt bei 83,4%. Die Auftragslage bleibt ein großes Problem. „Die Unternehmen wissen nicht, wo es wirtschaftspolitisch hingeht“, betonte Wohlrabe. „Das hemmt Investitionen.“ Zudem profitiere der Export-Europameister derzeit nicht von der besseren weltwirtschaftlichen Entwicklung. „Die Wettbewerbsintensität hat deutlich zugenommen, vor allem wegen der zunehmenden Konkurrenz aus China und anderen asiatischen Ländern.“ In den Umfrageergebnissen noch nicht sichtbar sind Wohlrabe zufolge der Machtwechsel im Weißen Haus und etwaige Zollerhöhungen: „Erst wenn etwas Konkretes auf dem Tisch liegt, kann sich das ändern.“
Auffällig findet der Ifo-Experte, dass sich die Verbraucher beim Geldausgeben zurückhalten. „Die Deutschen sparen viel, die Unsicherheit nimmt zu“, sagte Wohlrabe. „Die wachsende Sorge um den Arbeitsplatz lässt die Sparneigung steigen.“ Im Handel blieb das Geschäftsklima stabil, wobei die pessimistischeren Erwartungen durch den Einzelhandel getrieben wurden, wie es beim Ifo heißt. „Die Enttäuschung über das Weihnachtsgeschäft hallt somit noch nach und wurde offenbar auch nicht in der fünften Saison nachgeholt“, präzisiert Christian Lips von der Nord/LB.
Strukturprobleme angehen
Insgesamt werteten die Ökonomen die Ifo-Ergebnisse als positiv. „Bei den wichtigen Stimmungsindikatoren zeichnet sich damit in der Summe jetzt eine Bodenbildung ab“, urteilt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Ab dem Frühjahr dürfte sich die Wirtschaft wieder etwas nach oben bewegen: „Ein nennenswerter Aufschwung setzt aber einen Neustart in der Wirtschaftspolitik voraus, wobei die möglichen künftigen Koalitionspartner leider unterschiedliche wirtschaftspolitische Vorstellungen haben.“ „Auf EZB-Zinssenkungen braucht niemand setzen, sie helfen gegen Strukturprobleme nicht“, ordnet Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, ein.