Indische Zentralbank verkündet „falkenhafte“ Zinspause
Indische Zentralbank verkündet „falkenhafte“ Zinspause
Leitzins bleibt bei 6,5 Prozent – Notenbank deutet Anleiheverkäufe an – Hohe Lebensmittelinflation
mpi Frankfurt
Die indische Zentralbank belässt ihren Leitzins das vierte Mal in Folge bei 6,5%, sendet zugleich allerdings Signale, dass sie ihre Anleihebestände durch Verkäufe reduzieren will. Fünf der sechs Mitglieder des währungspolitischen Ausschusses der Reserve Bank of India (RBI) stimmten am Freitag dafür, dass die RBI ihren geldpolitischen Schwerpunkt weiter auf den Abzug von Liquidität legt. Daraufhin fielen indische Anleihen so stark wie seit rund einem Jahr nicht mehr.
Notenbankchef Shaktikanta Das verwies darauf, dass die Inflation in Indien weiter zu hoch sei. „Das Gebot der Stunde ist, wachsam zu bleiben und der Selbstzufriedenheit keinen Raum zu geben“, sagte er am Freitag in Mumbai. Die Teuerung sei ein „großes Risiko für Stabilität und nachhaltiges Wachstum“.
Hohe Lebensmittelpreise
Die Inflation lag im August mit 6,8% zwar nur leicht oberhalb der Spanne von 2 bis 6% – dem Teuerungsziel der RBI. Notenbankchef Das betonte jedoch, dass die Notenbank den Mittelpunkt von 4% als optimalen Wert betrachtet, von dem Indien derzeit wieder ein gutes Stück entfernt ist.
Im Frühjahr hatte die Inflation knapp über 4% gelegen. Doch ein schwacher Monsunregen, ausgelöst durch das Wetterphänomen El Niño, das die Meeresströmungen im Pazifik verändert, hat in diesem Jahr zu deutlichen Ernteausfällen in Indien geführt. In der Folge sind die Lebensmittelpreise stark angestiegen, etwa bei Tomaten, einem wichtigen Gemüse für die indische Küche. Um die Lebensmittelpreise zu senken, hatte die indische Regierung unter anderem Exportverbote für Zucker und Reis sowie weitere Getreidesorten erlassen. Ein weiterer Preistreiber waren zuletzt die höheren Benzin- und Gaspreise. Die Inflation legte daher ab Juni 2023 wieder zu, ehe sie seit August wieder zu sinken begann.
Inflationsprognose stabil
Die Notenbank geht weiter davon aus, dass die Inflation im Zeitraum April 2023 bis März 2024 bei 5,4% liegen wird und die indische Wirtschaft in diesem Zeitraum um 6,5% wächst. Für Mitte 2024 liegt die Prognose für die Inflation mit 5,2% weiter oberhalb des 4-Prozent-Ziels. Die künftige Entwicklung der Teuerung werde durch eine Reihe von Faktoren bestimmt, schreibt die RBI in ihrer Stellungnahme zum Zinsentscheid. Dazu gehörten die Größe der Anbaufläche für Hülsenfrüchte, der Füllstand der Stauseen, die El-Niño-Bedingungen und volatile globale Energie- und Nahrungsmittelpreise.
„Die Erklärung unterstreicht die erhöhte Wachsamkeit gegenüber der Lebensmittelinflation und dem Rohölpreis“, sagte Anubhuti Sahay, Ökonom bei Standard Chartered. „Das robuste Wachstum im Inland lässt darauf schließen, dass der Leitzins wahrscheinlich noch länger unverändert bleiben wird.“
Restriktive Zinspause
„Das ist eine restriktive Pause“, sagte Aurodeep Nandi, Indien-Ökonom bei Nomura. Globale und inländische Unsicherheiten würden es erforderlich machen, dass die RBI flexibel bleibt und auf das Risiko einer künftigen höheren Inflation achtet, urteilte er.
Dass die RBI dieses Risiko im Blick hat und bei Bedarf entsprechend reagieren werde, daran versuchten die Notenbanker mit ihrer Wortwahl keinen Zweifel aufkommen zu lassen. Die RBI habe beschlossen, angesichts des vorherrschenden Umfelds erhöhter globaler Lebensmittel- und Energiepreise und globaler Finanzmarktvolatilität in höchster Alarmbereitschaft zu bleiben. Zwar deute sich bei den Gemüsepreisen und der Kerninflation eine Entspannung an, da das Inflationsziel aber auf absehbare Zeit verfehlt werden dürfte, „muss die Geldpolitik aktiv disinflationär bleiben“.