Auftragseingang

Industrie auf Achterbahnfahrt

Verpatzter Jahresstart der deutschen Industrie: Die Auftragseingänge brechen ein, die Umsätze geben nach. Ursächlich sind aber erneut die volatilen Großaufträge – und diesmal zusätzlich etliche Nachmeldungen.

Industrie auf Achterbahnfahrt

Industrie auf Achterbahnfahrt

Auftragseingänge brechen im Januar um 11,3 Prozent ein – Großaufträge wieder auf üblichem Niveau

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie hat im Januar erheblich weniger Neubestellungen eingesammelt als erwartet. Auch wenn der Auftragseinbruch zum Jahresstart vor allem Nachmeldungen und extrem hohen Großaufträgen im Dezember geschuldet ist, bleibt die Lage des verarbeitenden Gewerbes trist: Die Auftragsbestände schwinden, der Nachschub fehlt und die Produktion ist auf dem Abwärtstrend. Dafür spricht auch der um 2,0% gesunkene Industrieumsatz.

Ökonomen werten die Auftragsdaten als Signal für einen schwachen Jahresauftakt und als Beleg, dass die hiesige Wirtschaft im ersten Quartal schrumpfen wird. Nachdem sie bereits im vierten Quartal um 0,3% nachgegeben hat, wäre damit die Definition einer technischen Rezession – zwei Minusquartale in Folge – erfüllt. Und auch für das laufende Jahr werden sie zusehends pessimistischer: In ihren Frühjahrsprognosen erwartet das DIW eine Stagnation, das IWH ein Wirtschaftswachstum von 0,2%, und das RWI geht von 0,3% aus. 2025 soll es dann wieder um mehr als 1% aufwärtsgehen.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) ist der Auftragseingang im Januar preis-, saison- und kalenderbereinigt um 11,3% im Monatsvergleich gesunken. Ökonomen hatten zwar einen Rückgang erwartet, nachdem das Neugeschäft im Dezember um revidiert 12,0 (zuvor: 8,9)% zugelegt hatte, doch auf dem Zettel hatten sie nur ein Minus von 6,0%. Die vergleichsweise starke Revision im Dezember begründen die Wiesbadener Statistiker mit Nachmeldungen von Betrieben in mehreren Wirtschaftszweigen. Sie verweisen zudem auf den weniger volatilen Dreimonatsvergleich – in dieser Abgrenzung übertraf der Auftragseingang von November 2023 bis Januar 2024 jenen der drei vorherigen Monate um 2,3%.

Minus von 11,3 Prozent

„Alles in allem also keine schlechte Zahl, sobald man einmal den ersten Schreck über das Januar-Minus überwunden hat“, analysiert daher LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch. Es sei aber noch nicht gut genug, um den Abwärtstrend der letzten Quartale zu drehen: „Die Konjunktur verharrt im Tal.“ „Statt die Produktion zu schmieren, schmieren die Aufträge wieder ab“, lautet das Resümee von Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Alles in allem bleibe die Auftragslage auch hinsichtlich der Kernkomponente ein Trauerspiel, und der Auftragsbestand dürfte in den nächsten Monaten weiter abnehmen.

Das Bundeswirtschaftsministerium übte sich auch mit Blick auf den Zweimonatsvergleich ( 5,9%) in Zuversicht: „Stimmungsindikatoren wie der Ifo-Geschäftsklimaindex oder der Einkaufsmanagerindex lassen eine Stabilisierung der Industriekonjunktur im ersten Quartal erwarten.“

Auf den zweiten Blick besser

Ohne die volatilen Großaufträge ergibt sich für Januar ein Rückgang um 2,1% gegenüber dem Dezember 2023. Diese Kerngröße gilt als besserer Indikator für die kurzfristige Entwicklung, da Großaufträge meist über einen längeren Zeitraum und erst mit einer beträchtlichen Verzögerung abgearbeitet werden. Dass sich hier der seit zwei Jahren zu beobachtende Abwärtstrend insgesamt fortgesetzt hat, spricht für Ralph Solveen von der Commerzbank dafür, dass die Industrieproduktion in den kommenden Monaten weiter fallen wird.

Trotz der zuletzt gezeigten leichten Erholungsanzeichen des globalen verarbeitenden Gewerbes sind die Auftragseingänge aus dem Ausland im Januar gesunken – und zwar um 11,4%. Dabei fielen die Bestellungen aus der Eurozone um 25,7% wohingegen von außerhalb der Eurozone 1,6% mehr Neuaufträge hereinkamen. Die Inlandsaufträge sanken um 11,2%.

Großaufträge durchschnittlich

Destatis zufolge lag das Großauftragsvolumen im Januar wieder auf einem durchschnittlichen Niveau. Besonders stark ausgeprägt sei der Basiseffekt in den Bereichen Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (−33,2%), sonstiger Fahrzeugbau – zu dem Flugzeuge, Schiffe und Züge zählen – (−27,3%) und Herstellung von Metallerzeugnissen (−14,5 %). Zumeist sind es die Flugzeugbestellungen bei Airbus, die die Orderzahlen stark bewegen. Im Maschinenbau gab es ein erneutes Auftragsminus, und zwar von 4,7% nach −4,9% im Dezember. In der Automobilindustrie folgte dem Rückgang von 5,8% im März ein Orderzuwachs von 4,2%.

Schwache Auslandsnachfrage

Trotz der zuletzt gezeigten leichten Erholungsanzeichen des globalen verarbeitenden Gewerbes sind die Auftragseingänge aus dem Ausland im Januar gesunken – und zwar um 11,4%. Dabei fielen die Bestellungen aus der Eurozone um 25,7% wohingegen von außerhalb der Eurozone 1,6% mehr Neuaufträge hereinkamen. Die Inlandsaufträge sanken um 11,2%

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