Inflation befeuert Debatte um große Zinssenkung
Inflation befeuert Debatte
um große Zinssenkung
Stagnierende Kernrate von 2,7 Prozent eröffnet Spielräume für EZB
mpi Frankfurt
Die Inflation in der Eurozone liegt wieder über dem EZB-Ziel. Sie steigt im November aufgrund von Basiseffekten bei den Energiepreisen von 2,0 auf 2,3%. Dies teilte Eurostat am Freitag mit. Es sind die letzten Daten zur Entwicklung der Verbraucherpreise vor der Zinssitzung der EZB am 12. Dezember. Auf dieser wird es um die Frage gehen, ob die Notenbank um 25 oder sogar um 50 Basispunkte lockern wird.
Die Mehrheit der Ökonomen erwartet einen kleinen Zinsschritt. Die Befürworter einer größeren Lockerung im EZB-Rat dürften jedoch durch die Inflationsdaten trotz des Anstiegs Aufwind erhalten. Denn neben dem erwarteten und längst eingepreisten Inflationsanstieg gab es in den Details einige positive Überraschungen für die EZB. So legt die Kernrate als Indikator für den unterliegenden Preisdruck nicht zu. Sie stagniert bei 2,7%. Die Dienstleistungsinflation, die für den insgesamt nach wie vor recht hohen Inflationsdruck verantwortlich ist, gab sogar leicht von 4,0 auf 3,9% nach. Im Monatsvergleich beträgt der Rückgang deutliche 0,9%.
Die Inflationsdaten der vergangenen Monate könnten insgesamt dazu führen, dass die EZB ihre Inflationsprognosen im Dezember nach unten korrigiert. Bei ihrer bislang letzten Projektion im September hatte die EZB eine Inflation von 2,6% für das vierte Quartal erwartet. Nach neuen Berechnungen der Commerzbank dürfte sie jedoch eher 2,3% betragen. Zudem verschlechtert der Wahlsieg Donald Trumps in den USA die Wirtschaftsperspektiven der Eurozone. Weniger Wachstum bedeutet aufgrund der geringeren Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen weniger Inflationsdruck.
Düstere Aussichten für die Wirtschaft
Ökonomen halten mehrheitlich aufgrund der Datenlage dennoch eine Zinssenkung um 25 Basispunkte für besser. Sie verweisen auf das hohe Lohnwachstum, das im dritten Quartal kräftiger als erwartet ausgefallen ist. Zudem ist die Dienstleistungsinflation trotz des Rückgangs nach wie vor sehr hoch. „Eine Leitzinssenkung um 25 Basispunkte erscheint angemessen“, sagt etwa Stephanie Schoenwald, Kapitalmarktexpertin bei KfW Research.
Mit einer großen Zinssenkung im Dezember rechnet Tomasz Wieladek, Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price, ebenfalls nicht. Er erwartet jedoch, dass die EZB signalisieren wird, dass eine restriktive Geldpolitik nicht mehr nötig ist. Zudem könnte die EZB 2025 eine große Zinssenkung einstreuen. Die geopolitische Unsicherheit werde die Wirtschaft deutlich ausbremsen. „Diese Schwäche der Wirtschaftsdaten bedeutet, dass die EZB wahrscheinlich im Januar oder März präventiv um 50 Basispunkte senken wird“, mutmaßt er.
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