Wichtiger Anker der Geldpolitik
Inflationserwartungen
Wichtiger Anker der Geldpolitik
mpi Frankfurt
Inflationserwartungen können zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Rechnen Verbraucher mit stark steigenden Preisen in den kommenden Monaten, dürften sie geneigt sein, nötige größere Anschaffungen nach Möglichkeit lieber heute als morgen zu machen. In der Folge steigt die Nachfrage, was ohne eine Anpassung der Angebotsmenge zu einer höheren Inflation führt.
Auch umgekehrt können die Erwartungen die Preise stark beeinflussen. Rechnen die Konsumenten mit einer Deflation, also sinkenden Preisen, versuchen sie, Ausgaben eher in die Zukunft zu schieben, wenn die Güter und Dienstleistungen ihrer Prognose nach billiger sein werden. Die niedrigere Nachfrage drückt dann tatsächlich die Preise.
Für eine Notenbank ist es daher essenziell, dass sich die Inflationserwartungen nicht allzu weit vom Zielwert für die Teuerung entfernen. Der EZB ist das trotz einer sehr hohen Teuerung ab 2022 recht gut gelungen. Die Inflationserwartungen der Verbraucher auf Sicht von einem Jahr waren mit 5,8% im Median im Oktober 2022 zwar hoch, aber deutlich niedriger, als es die Teuerung selbst war. Damals erreichte sie mit 10,7% ihren Höhepunkt. Die Verbraucher trauten es der EZB also zu, die Inflation innerhalb eines Jahres deutlich zu senken. Noch wichtiger für die Notenbank: Die Inflationserwartungen auf Sicht von drei Jahren entfernten sich mit rund 3% nicht allzu weit vom Inflationsziel von 2%.
Treiber der Inflationserwartungen
Wie Umfragen zeigen, sind es vor allem zwei Faktoren, die beeinflussen, wie hoch die Inflationserwartungen der Konsumenten sind: das Vertrauen in die Notenbank und das Wissen um Geldpolitik sowie die aktuelle Entwicklung der Inflation. Für die Eurozone macht es zudem einen Unterschied, in welchem Land der Verbraucher wohnt. Das ist wenig verwunderlich, schließlich ist die Inflation je nach Staat ziemlich unterschiedlich. In Finnland lag die Teuerung im Juli bei nur noch 0,6%. Spitzenreiter ist Belgien mit 5,5%. Geschlecht, Bildungsstand oder Einkommen spielen dagegen bei der Höhe der Inflationserwartungen eine untergeordnete Rolle.
Für die EZB ist es also von großer Bedeutung, dass die Verbraucher Vertrauen in ihre Arbeit haben. Einiges Vertrauen hatte die Notenbank dadurch verloren, dass sie die Inflation lange Zeit unterschätzte und als „vorübergehend“ abtat. Durch den entschlossenen Kampf gegen die zu hohe Teuerung konnte die EZB bei einigen Konsumenten verloren gegangenes Vertrauen wieder aufbauen. Um dieses nicht gleich wieder zu verspielen, sollte die Notenbank ihr selbst gestecktes und mantraartig wiederholtes Ziel auch tatsächlich erreichen: Die Inflation bis spätestens Ende 2025 nachhaltig auf 2% zu senken.
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