Verbraucher werden skeptischer

Inflationserwartungen erhöhen Druck auf EZB

Die Inflationserwartungen der Verbraucher steigen auf Sicht von drei Jahren im Median etwas an. Auch wenn dies eine Zinssenkung der EZB im September nicht verhindern dürfte, werden die Währungshüter den Anstieg als Warnung betrachten. Denn die Notenbanker schätzen die Inflationserwartungen als fragil ein.

Inflationserwartungen erhöhen Druck auf EZB

Verbraucher werden skeptischer

Leichter Anstieg der Inflationserwartungen im Euroraum erhöht Druck auf EZB

mpi Frankfurt

Die Inflationserwartungen der Verbraucher steigen auf Sicht von drei Jahren im Median etwas an. Auch wenn dies eine Zinssenkung der EZB im September nicht verhindern dürfte, werden die Währungshüter den Anstieg als Warnung betrachten. Denn die Notenbanker schätzen die Inflationserwartungen als fragil ein.

Nach der erhofften Entwicklung bei den Löhnen muss die EZB bei den Inflationserwartungen der Verbraucher einen Rückschlag einstecken. Die im Rahmen des Consumer Expectation Survey (CES) der EZB befragten Konsumenten aus verschiedenen Euroländern rechnen im Median in drei Jahren mit einer Inflationsrate von 2,4%. Das ist 0,1 Prozentpunkte mehr als noch bei der Umfrage vor einem Monat. Auch auf Sicht von zwölf Monaten sinken die Inflationserwartungen nicht, sondern stagnieren im Median bei 2,8%.

Fragile Inflationserwartungen

Der Rückschlag dürfte für die EZB aber nicht groß genug sein, um die mutmaßliche Zinssenkung im September zu verhindern. Gleichwohl dürften die Währungshüter den Anstieg als Warnung betrachten. Wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Protokoll der Juli-Sitzung hervorgeht, beurteilen die Ratsmitglieder die Inflationserwartungen derzeit als fragil. Schuld daran sei die Phase der extrem hohen Inflation der vergangenen Jahre. Als umso wichtiger betrachten es die Notenbanker deshalb, dass die Inflationsrate bis spätestens Ende 2025 nachhaltig auf den Zielwert von 2% fällt.

Für eine Notenbank ist es relevant, dass die Inflationserwartungen nicht zu hoch werden. Experten sprechen von „Entankerung“, wenn die Inflationserwartungen so hoch sind, dass sie das Preisstabilitätsziel gefährden. Denn rechnen Menschen für einen längeren Zeitraum mit stark steigenden Preisen und passen womöglich ihre Konsum- und Investitionsentscheidungen daran an. Wer davon ausgeht, dass ein langlebiges Gut wie ein Auto in einem Jahr wesentlich teurer ist als jetzt, kauft nach Möglichkeit lieber heute als morgen die Ware. Machen dies viele Verbraucher, steigt der Preisdruck und am Ende womöglich auch die Inflation. Hohe Inflationserwartungen können damit zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden.

Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Soweit ist es im Euroraum trotz des leichten Anstiegs der Inflationserwartungen noch längst nicht. Dennoch wird die EZB darauf achten müssen, dass sie in der Bevölkerung nicht die Glaubwürdigkeit verliert, das Inflationsziel relativ zeitnah auch zu erreichen. Wie Untersuchungen zeigen, sind es vor allem vier Faktoren, die beeinflussen, wie hoch die Inflationserwartungen von Verbrauchern sind. Wichtig ist, ob Vertrauen in die Arbeit der Notenbank vorhanden ist oder nicht. Relevant ist auch, wie es um das Wissen der Konsumenten um das Thema Inflation bestellt ist. Ein anderer Faktor ist das Einkommen. Je niedriger Vertrauen, Wissen und Einkommen sind, desto höher sind die Inflationserwartungen. Im Falle der Eurozone unterscheiden sich die Inflationserwartungen zudem je nach Land, da auch die tatsächliche Inflation je Mitgliedsstaat unterschiedlich hoch ist. Kaum eine Rolle spielen dagegen das formale Bildungsniveau oder das Geschlecht.

Ein Negativbeispiel für entankerte Inflationserwartungen ist derzeit die Türkei. Hier erwarten die Verbraucher deutliche höhere Inflationsraten als die Notenbank – zur Sorge der Währungshüter.

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