Deutsche Wirtschaft

Institute kappen Prognosen deutlich

Das Ifo Institut und das IfW Kiel trauen der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr kaum noch etwas zu: Die Forscher haben die Prognosen kräftig gekappt und erwarten nun eine Stagnation.

Institute kappen Prognosen deutlich

Institute kappen Prognosen

Ifo und IfW erwarten 2024 Stagnation der deutschen Wirtschaft

Das Ifo-Institut und das IfW Kiel trauen der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr kaum noch etwas zu: Die Forscher haben die Prognosen kräftig gekappt und erwarten nun eine Stagnation. Vor dem Hintergrund gilt der Jobmarkt als sehr robust, doch zeigt sich hier alsbald die demografische Entwicklung.

ba Frankfurt

Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr gerade einmal stagnieren: Geopolitik, Energiepreise und die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung gelten Ökonomen als Bremsschuh. Mit dem Ifo-Institut und dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) haben nun zwei der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen für 2024 kräftig gekappt. Allerdings identifizieren sie in ihren Frühjahrsgutachten auch Hoffnungsschimmer.

„Die deutsche Wirtschaft ist wie gelähmt“, lautet das Resümee des Ifo. Unter Firmen und Haushalten sei die Stimmung schlecht und die Unsicherheit hoch. Mit „Erholung mit Hindernissen“ ist die Prognose in Kiel überschrieben. Durch die bislang ausbleibende Erholung würden sich die Zeichen mehren, dass auf der Wirtschaft vor allem strukturelle Probleme lasteten und die Expansionsspielräume dementsprechend geringer seien.

Deutschland vor technischer Rezession

Sowohl die Münchener als auch die Kieler Wirtschaftsforscher erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Startabschnitt 2024 das zweite Mal in Folge schrumpft. Deutschland wäre somit in einer technischen Rezession, da das BIP im vierten Quartal vergangenen Jahres um 0,3% geschrumpft war. In der zweiten Jahreshälfte werde es dann zwar spürbar besser werden. Im Gesamtjahr dürfte aber kaum mehr als ein Miniwachstum herausspringen. Das Ifo senkte seine BIP-Prognose von 0,7% auf 0,2%, das IfW ging von 0,9% auf 0,1% herunter. Das bedeutet de facto eine Stagnation der Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Die Bundesregierung erwartet derzeit ein BIP-Plus von 0,2%, zuvor waren es 1,3%. Das Ifo beziffert dabei die unmittelbaren Auswirkungen des verschärften Sparkurses der Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf die Ausgaben für Konsum und Investitionen auf etwa 0,1% des BIP 2024.

Die derzeitige Wirtschafts- und Finanzpolitik nannte das Ifo als erhebliches Risiko: Zwar konnte eine Einigung für den Haushalt des laufenden Jahres erzielt werden und die Einhaltung der Schuldenbremse dürfte gewährleistet sein. Allerdings sei wegen der derzeitigen Haushaltssituation und absehbar schwierigen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 nicht unwahrscheinlich, dass dringend nötige Reformen auf die lange Bank geschoben oder nur zögerlich in Angriff genommen werden. „Dieser Stillstand und die Unsicherheit über wichtige wirtschaftspolitische Weichenstellungen lähmen die Konjunktur und hemmen das langfristige Wachstum, da Ausgaben für Investitionen und Konsum zurückgehalten werden.“

Kritik an Ampel-Regierung

Wie schon die Vorgängerregierungen habe die Ampel-Koalition kein klares Konzept, um den Konjunkturmotor wieder anzuwerfen. In einer wirtschaftlich besseren Lage sei dies aber weniger ins Gewicht gefallen, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Schuldenbremse selbst sei keine Wachstumsbremse. Sie erlaube gerade in Krisenzeiten mehr Schulden und auch Sondertöpfe seien möglich. Andere Staaten stünden bei ähnlichen internationalen Bedingungen besser da als Deutschland. „Wir haben ganz klar strukturelle Probleme“, mahnte Fuest. Im Wohnungsbau und in der Industrie gebe es keine attraktiven Investitionsbedingungen.

Das für 2025 unverändert mit 1,2% prognostizierte Wachstum wird den Kieler Forschern zufolge maßgeblich durch eine allmählich einsetzende Belebung des privaten Konsums und ein nach und nach anziehendes Auslandsgeschäft getragen. Wobei die jeweiligen Auftriebskräfte aber schwächer ausfallen bzw. später einsetzen dürften als bislang erwartet. Auch die unternehmerische Investitionstätigkeit dürfte sich deutlich schwächer zeigen. „Insgesamt gehen wir davon aus, dass das BIP 2025 nur magere 2% über dem Niveau aus dem Jahr 2019 liegen wird“, erklärte das IfW. Das Ifo erhöhte die BIP-Prognose für 2025 um 0,2 Punkte auf 1,5%. Zusätzlichen Schwung erwartet das Ifo zudem von der geldpolitischen Wende.

Noch robuster Arbeitsmarkt

Vor dem Hintergrund der schwachen wirtschaftlichen Dynamik zeige sich der Arbeitsmarkt recht robust. „Die Beschäftigung dürfte im laufenden Jahr noch einmal etwas zulegen, bevor sie im Zuge des demografischen Wandels auf einen Abwärtstrend einschwenkt“, heißt es in Kiel.

Für das laufende Jahr zeichne sich eine Zunahme um 180.000 Personen ab. Die Arbeitslosigkeit hat bislang nur moderat auf die gesamtwirtschaftliche Schwäche reagiert und dürfte ab dem Frühjahr wieder sinken, prognostiziert das IfW. Im Einklang mit dem sinkenden Erwerbspersonenpotenzial ab 2025, so heißt es beim Ifo, werde auch die Wachstumsrate des Produktionspotenzials bis zum Ende des Jahrzehnts spürbar auf nur noch 0,4% sinken.

Der anhaltend hohe Fachkräftemangel werde auch in Reaktion auf die in den vergangenen Jahren hohe Inflation zu deutlich steigenden Löhnen führen, erwartet das IfW. Da die Verbraucherpreise 2024 im Jahresschnitt nur noch um 2,3% und 2025 um 1,7% klettern dürften, „werden die real verfügbaren Einkommen im laufenden Jahr erstmals nach drei Jahren wieder steigen und den privaten Konsum stimulieren“.

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