Italien hält an Steuersenkungen fest
Rom hält trotz hoher Schulden an Steuersenkungen fest
Der Haushalt für 2025 ist nicht solide gegenfinanziert – Diskussion um Bankensteuer – Defizit sinkt, aber Verschuldung steigt
bl Mailand
Die italienische Regierung will in ihrem am späten Dienstagabend vorgelegten Haushaltsentwurf für 2025 das Budgetdefizit von 7,2% im vergangenen Jahr auf 3,8% in diesem Jahr und 3,3% im Jahr 2025 zurückführen. 2026 soll der Fehlbetrag mit 2,8% unter die Drei-Prozent-Marke rutschen. Innerhalb der Mitte-Rechts-Regierung wurde aber bis zuletzt um die Finanzierung weiterer Steuer- und Abgabensenkungen für Einkommen unter 35.000 Euro gestritten. Bei Redaktionsschluss lag die definitive Haushaltsplanung, die bis Dienstag um Mitternacht nach Brüssel übermittelt werden musste, noch nicht vor. Klar ist, dass die Schulden auf jeden Fall weiter steigen: von 134,8% in 2023 auf mindestens 137,8% des Bruttoinlandsprodukts in 2026. Unabhängige Beobachter erwarten einen Anstieg auf über 140%.
Allein die Einkommen-Steuersenkungen belasten den Staatshaushalt mit etwa 15 Mrd. Euro. Dazu kommen familienpolitische Maßnahmen und die Fortführung von Vorruhestandsregelungen. Das Gesamtpaket der Mehrausgaben beläuft sich auf etwa 25 Mrd. Euro. Innerhalb der Regierung gibt es seit Wochen heftigen Streit um die Gegenfinanzierung, zumal sich Rom an die Regeln des reformierten EU-Stabilitäts- und Wachstumspakts halten muss. Außerdem läuft bereits ein EU-Defizitverfahren gegen das Land. Besonders umstritten innerhalb der Regierung ist eine von Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti geplante Bankensteuer, die auf Widerstand vor allem bei der Mitte-Rechts-Partei Forza Italia stieß.
Giorgetti verlangt „Opfer“
Die Mehrausgaben sollen zum einen durch eine höhere Schuldenaufnahme von etwa 9 Mrd. Euro finanziert werden. Giorgetti verlangt zudem von jedem Ministerium „Opfer“ in Form von Ausgabenkürzungen. Auf diese Weise sollen etwa 3 bis 4 Mrd. Euro zusammenkommen. 2,2 Mrd. Euro soll die Streichung bisheriger Steuererleichterungen für Unternehmen im Zusammenhang mit der Hauptkörperschaftssteuer bringen. Und insgesamt bis zu 10 Mrd. Euro sollen aus temporären Steuererhöhungen etwa für Dieselkraftstoffe, eine Digitalsteuer, höhere Tabaksteuern sowie eine höhere Besteuerung von Gebäuden kommen, für deren ökologische Sanierung der Staat aufgekommen ist. In der Diskussion ist auch eine zeitweise Erhöhung der Körperschaftsteuer Ires. Dazu kommen minimale Streichungen im Rahmen einer Spending Review. Gerade einmal 1 Mrd. Euro will Rom durch Einschränkungen bei den mehr als 600 steuerlichen Sonderregelungen im Volumen von insgesamt mehr als 100 Mrd. Euro einsparen.
Im Mittelpunkt der Diskussionen um einen Beitrag der Banken zur Haushaltskonsolidierung stand zuletzt eine Änderung der Regelung für Steuergutschriften von Finanzinstituten, die Gewinne mit früheren Verlusten verrechnen (DTA). Auf diese Weise sollen – über zwei Jahre verteilt – Einnahmen von 3 bis 4 Mrd. Euro hereinkommen. Im Gespräch ist auch eine höhere Besteuerung von Aktienoptionen von Bankern.
Zwar sprudelten die Steuereinnahmen dank der Mittel des europäischen Wiederaufbauprogramms, der Einnahmen aus dem Tourismus und Effekten der Maßnahmen zur ökologischen Sanierung von Gebäuden zuletzt etwas üppiger. Doch Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten eine Abschwächung des Wachstums. Und das europäische Wiederaufbauprogramm läuft 2026 aus.
Keine solide Gegenfinanzierung
Francesco Giavazzi, Ökonomieprofessor und früherer Berater von Ex-Premier Mario Draghi, kritisiert die Haushaltspläne. Sie seien nicht solide gegenfinanziert und enthielten keine strukturellen Maßnahmen. Die Haushaltslöcher würden durch vorübergehende und nicht nachhaltige Steuererhöhungen gestopft. Damit wachse die wirtschaftspolitische Unsicherheit und strukturelle Probleme würden nicht gelöst.