IWF rät zur milden Lockerung der Schuldenbremse
IWF rät zur Lockerung der Schuldenbremse
Mehr Geld für öffentliche Investitionen – Banken sollen profitabler werden
wf Berlin
Der Internationale Währungsfonds (IWF) rät Deutschland zu einer moderaten Lockerung der Schuldenbremse. Die Fiskalregel solle nicht über Bord geworfen werden, doch setze die Schuldenbremse relativ engen Grenzen, sagte Kevin Fletcher, Leiter der Deutschland-Delegation des IWF für den jährlichen Länderbericht (Article IV), vor der Presse in Berlin. Die Nettokreditaufnahme können um 1 Prozentpunkt des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgeweitet werden, ohne den Pfad einer sinkenden Verschuldungsquote zum BIP zu verlassen.
Mehr öffentliche Investitionen
Eine solche Lockerung würde mehr Spielraum für die überaus notwendigen öffentlichen Investitionen geben und für andere zentrale Vorhaben, erklärte Fletcher. Die Schuldenquote erlaubt dem Bund derzeit eine Nettoneuverschuldung von 0,35% des BIP. Die Länder haben keinen Verschuldungsspielraum. Eine Lockerung wird hierzulande diskutiert, ist aber wenig wahrscheinlich. Sie stößt auf Widerstand von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und auch der CDU im Bund. Eine Änderung der Schuldenbremse würde eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag benötigen, die nur mit Hilfe der Unionsfraktion zustande kommen könnte.
Mit Blick auf die neuen europäischen Fiskalregeln legt der IWF Deutschland nah, den längeren Anpassungsraum von sieben Jahren zu wählen, um mehr Raum für öffentliche Investitionen zu schaffen. Die neuen EU-Fiskalregeln sehen einen Anpassungspfad der Primärausgaben des Staates (ohne Zinszahlungen) innerhalb von vier Jahren vor. Sieben Jahre sind als Verlängerung möglich, wenn damit Investitions- und Reformanstrengungen verbunden sind, die Wachstum, Resilienz und nachhaltige Staatsfinanzen unterstützen. Deutschland müsse auch aktuell sicherstellen, dass die im Budget geplanten Investitionen auch in vollem Umfang getätigt werden.
Die IWF-Delegation traut Deutschland mittelfristig wieder mehr Wachstum zu, bestätigt aber im Wesentlichen die schwachen Werte vom April im Weltwirtschaftsausblick. „Die gute Nachricht ist, dass sich die Wirtschaft erholt“, sagte Fletcher. Für 2024 wird ein äußerst schwaches Wachstum von 0,2% des BIP unterstellt. Danach dürfte sich die deutsche Wirtschaft zwischen 2025 und 2026 auf eine BIP-Steigerung von 1 bis 1,5% erholen. Im April hatte der IWF ein Plus von 1,3% für 2025 genannt. Der IWF geht von einer Rückkehr des Vertrauens aus, das eine Steigerung des Konsums unterstützt. Auch die privaten Investitionen würden sich erholen – auf dem Rücken einer gestärkten Nachfrage und einer moderat gelockerten Geldpolitik.
Stabilität im Finanzsektor
Im deutschen Finanzsektor hätten Banken und Versicherer ihr Eigenkapital und ihre Liquidität gestärkt, konstatiert der IWF. Gleichwohl sei die Profitabilität der Banken unter Druck. Die Risiken im Geschäftsimmobiliensektor stiegen. Weitere Anstrengungen, die Profitabilität im Bankensektor zu steigern, würde die Finanzstabilität in Deutschland unterstützen, stellt der IWF fest. Helfen könne bei der Kostenreduktion die Konsolidierung kleiner Banken. Dieser national schon laufende Prozess könne auf einer grenzüberschreitenden Basis durch Fortschritte zu einer europäischen Bankenunion beschleunigt werden.