Japan unterstützt Corona-Opfer
mf Tokio
Nach seinem überraschend klaren Sieg bei der Parlamentswahl hat Japans Premierminister Fumio Kishida mit der Umsetzung seiner Pläne für einen „neuen Kapitalismus“ begonnen. Der von ihm eingesetzte Expertenrat, den er auch selbst leitet, legte am Donnerstag ein 21-seitiges Papier mit einer Liste der dringendsten Maßnahmen für Wachstum und Umverteilung vor. Ein Konjunkturpaket im Volumen von mehreren 10 Bill. Yen (umgerechnet rund 76 Mrd. Euro) soll bis zum 19. November geschnürt sein, noch vor dem Jahresende will das Kabinett eine Steuerreform verabschieden.
Bargeld vom Staat
Kishidas Strategie für eine bessere Verteilung des Wohlstands beginnt mit mehreren Paukenschlägen. Allen Studenten, Beschäftigten ohne Festanstellung und Haushalten mit Niedrigeinkommen werden einmalig 100000 Yen (763 Euro) überwiesen. Zugleich plant Kishida die Auszahlung von 100000 Yen an alle Japaner im Alter bis 18 Jahre – die Hälfte in bar in diesem Jahr, die andere Hälfte als Gutschein im Frühjahr. Ausgenommen sind Kinder von Familien mit einem Jahreseinkommen über 9,6 Mill. Yen (73000 Euro). Darüber hinaus kündigte der Premier wegen des gestiegenen Benzinpreises Direkthilfen für die Land- und Fischereiwirtschaft an, ohne eine Summe zu nennen.
Des Weiteren sieht das Stimuluspaket eine Lohnerhöhung für die öffentlich Beschäftigten in Kindergärten, Pflege- und Altersheimen sowie Krankenhäusern vor. Steuerliche Anreize für Unternehmen, die die Löhne ihrer Angestellten anheben, sind ebenfalls in Planung. „Wir werden bis zum Jahresende einen Nachtragshaushalt verabschieden, damit die Auszahlungen möglichst frühzeitig erfolgen“, versprach Kishida. Sein Vorvorgänger Shinzo Abe hatte im Frühsommer 2020 ebenfalls Bargeld als schnelle Coronahilfe verteilt. Damals erhielt jeder erwachsene Japaner 100000 Yen.
Laut Rechnungshof hat der japanische Staat bislang erst rund zwei Drittel der bereits beschlossenen Coronahilfen von rund 65 Bill. Yen (496 Mrd. Euro) ausgegeben. Kishida kann vor allem auf übrig gebliebene 16 Bill. Yen aus dem Staatshaushalt des Vorjahres zurückgreifen, um die fiskalisch wirksamen Stimulus-Ausgaben ohne neue Schulden zu stemmen. Das Kabinett schätzt die sogenannte Output-Lücke in diesem Jahr auf 22 Bill. Yen.
Parallel setzt der neue Regierungschef auch Impulse für ein längerfristiges Wachstum. Seine Strategie läuft auf eine Fortsetzung der „Abenomics“ mit einer lockeren Geld- und Fiskalpolitik und Strukturreformen hinaus und orientiert sich im Wesentlichen an den Plänen seines Vorgängers Yoshihide Suga. Zu den Schwerpunkten zählen die digitale Transformation der Bürokratie und der Ausbau von grünen Energien. Anders als Suga will Kishida jedoch den Bau von modularen Atomkraftwerken durchsetzen. Die Förderung einer Chipfabrik von TSMC in Japan, an der sich Sony beteiligt, fällt in die Kategorie „ökonomische Sicherheit“. Außerdem will der Premier die Bedingungen für die Börsengänge von Start-ups reformieren, damit Japan zu mehr „Einhörnern“ kommt.