Japans Konjunkturmotor stottert
mf Tokio
Japans Wirtschaft ist in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Nach dem Rückgang um 1,1% im Vierteljahr zwischen Juli und September wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut den revidierten Daten im Schlussquartal 2022 lediglich um auf das Jahr hochgerechnete 0,1%. Die erste Schätzung hatte noch ein Jahreswachstum von +0,6% ergeben. Im direkten Vergleich zum Vorquartal betrug die Wachstumsrate nur 0,02% statt der zuvor kalkulierten 0,2%. Die Schwäche dürfte die Bank of Japan darin bestärken, die Konjunktur weiter durch eine ultralockere Geldpolitik zu stützen.
Neben einer größeren Belastung durch Lagerhaltung lag der Hauptgrund für die Revision in neuen Daten zum Privatkonsum, der rund 60% der Wirtschaftsleistung ausmacht. Statt um 0,5% steigerten die Verbraucher ihre Ausgaben nur um 0,3%. Dabei wirkten sich nach Ansicht von Analysten zwei Entwicklungen aus. Zum einen verringerte der plötzliche Anstieg der Covid-Opferzahl auf neue monatliche Rekorde die Konsumlust. Zum anderen zückten die Verbraucher ihre Geldbörsen nicht so gerne, weil die Preise überraschend stark gestiegen waren.
Inflation bremst
Zwar fiel die Teuerung mit zuletzt 4,2% weniger hoch aus als in Europa. Aber die plötzliche Rückkehr der Inflation nach zwei Jahrzehnten mit stagnierenden oder leicht fallenden Preisen erwischte viele Japaner auf dem falschen Fuß. Infolge der hohen Inflation fallen die Reallöhne seit acht Monaten. Im Januar gingen sie um 4,1% zum Vorjahr zurück, so stark wie seit Mai 2014 nicht mehr.
Die Regierung von Premier Fumio Kishida drängt die Unternehmen daher seit Monaten zu kräftigen Lohnerhöhungen, damit der Privatkonsum nicht einbricht. Die größte Wirtschaftslobby Keidanren unterstützt Kishida darin. Laut einer Umfrage wollen die Großunternehmen bei den Tarifverhandlungen im Frühjahr mit durchschnittlich 2,85% die größte Anhebung seit 26 Jahren anbieten. Der größte Gewerkschaftsdachverband Rengo fordert 5% Plus. Der erste Abschluss – für die 240 000 Mitglieder der größten japanischen Gewerkschaftsgruppe Zensen im Dienstleistungs-, Textil- und Vertriebssektor – fiel mit 5,3% zwar unerwartet hoch aus. Jedoch wollen sich viele kleine und mittlere Unternehmen Erhöhungen in dieser Größenordnung nicht leisten.