Kapitalmarkt als Schlüssel für Investitionen
Serie zur Bundestagswahl (7): Finanzmarkt
Kapitalmarkt als Schlüssel für Investitionen
Die Parteien bekennen sich zur europäischen Kapitalmarktunion – Änderungen für die Regulierung im Finanzsektor
In der Finanzmarktpolitik setzen die Parteien stark auf Europa. Die Banken- und Kapitalmarktunion sind ihnen wichtig, damit Investitionen finanzierbar werden. Die Union will den Finanzplatz Deutschland europaweit in die Führungsposition bringen. Nachhaltigkeit hat einen unterschiedlichen Stellenwert.
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Von Angela Wefers, Berlin
Der geschwächte Wirtschaftsstandort Deutschland braucht mehr Investitionen. Stattdessen fließen seit Jahren netto Mittel für Direktinvestitionen ab – seit 2021 rund 100 Mrd. Euro jährlich. Auch wenn Fachkräftemangel, Unsicherheit, Energiekosten und Unternehmensregulierung an der Spitze der Gründe für die Investitionsschwäche stehen, ist dem Wirtschaftsforschungsinstitut IW Köln zufolge für immerhin 53% der Unternehmen die fehlende Verfügbarkeit einer Finanzierung zu günstigen Konditionen ein wichtiges Investitionshemmnis. Ein weniger stark fragmentierter Finanzmarkt in Europa könnte Abhilfe schaffen. Dies haben auch die Parteien im Wahlkampf in Deutschland erkannt.
Die Finanzmarktpolitik spielt vor der Bundestagswahl keine große Rolle, aber sie ist immerhin in den Wahlprogrammen zu finden. Das war nicht immer so. „Wir werden die Banken- und Kapitalmarktunion vorantreiben und das Umfeld für Innovationen und Zukunftstechnologien durch privates Kapital dauerhaft stärken“, schreibt die SPD, ohne allerdings konkreter zu werden. Die Grünen treten für „funktionierende und nachhaltige Finanzmärkte“ ein. Banken, Versicherer und andere Finanzmarktakteure brauchen aus Sicht der Grünen „ausreichend haftendes Eigenkapital“. Gerade kleine Banken und Akteure sollen von unnötig kleinteiliger Bürokratie entlastet werden. „Wir werden uns europäisch für eine rasche Vollendung der Kapitalmarkt- und Bankenunion einsetzen und eine starke europäische Kapitalmarktaufsicht schaffen“, heißt es. Das Vertrags- und Insolvenzrecht für Finanzmarktakteure soll harmonisiert, nachhaltige Finanzierung erleichtert und Finanzierung der Biodiversität gestärkt werden.
Union plant Änderungen im Aktienrecht
Die Union hat große Ambitionen: „Unser Ziel ist, dass Deutschland – der größten europäischen Volkswirtschaft angemessen – perspektivisch der europaweit führende Finanzplatz wird.“ Die Kapitalmarktunion und den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen wollen auch CDU und CSU weiterentwickeln und stärken. Die Regulierung will die Union mit den Standards großer, außereuropäischer Finanzplätze abgleichen und Belastungen deutscher Banken verhindern. Das bewährte Drei-Säulen-System im Bankensektor müsse erhalten bleiben.
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CDU/CSU planen zudem, das Aktienrecht zu modernisieren und zu flexibilisieren. Die Möglichkeiten von Kapitalerhöhungen soll ausgeweitet und der Mindestnennwert von Aktien herabgesetzt werden. Produktinformationsblätter in der Wertpapieranlage müssen kundenorientierter und transparenter werden. Die Entwicklung von Finanzprodukten und ihre Bewertung durch den Anleger dürfe durch regulatorische Vorgaben nicht unnötig erschwert werden, heißt es. Die Ampel-Regierung hatte mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz I den Finanzmarkt hierzulande bereits modernisiert. Weitere geplante Reformen im Zukunftsfinanzierungsgesetz II blieben mit dem Bruch der Regierung auf der Strecke.
Nachhaltigkeit strittig
Wenig Übereinstimmung gibt es zwischen Union und den Grünen. „Die EU-Taxonomie wollen wir entschärfen“, heißt es im Programm von CDU/CSU. „Sie geht an der Realität vorbei.“ Das dürfte den Grünen ebenso wenig gefallen wie die Haltung zur Honorar- und Provisionsberatung, die die Union „nebeneinander“ erhalten will. Ein klares Bekenntnis kommt von der Union auch zum Bargeld als „gelebte Freiheit“ in einer Vielfalt der Zahlungsmethoden.
Die FDP steht nach eigenem Bekunden für eine vertiefte Banken- und Kapitalmarktunion sowie eine „zeitgemäße Finanzmarktregulierung“. Regulierung soll demnach verhältnismäßig sein und in Deutschland nicht über die europäischen Mindestanforderungen hinausgehen. Einen europäischen Abwicklungsfonds für die nationalen Einlagensicherungssysteme lehnt die FDP nachdrücklich ab und sieht auch eine europäische Einlagensicherung (EDIS) kritisch.
Auch die FDP setzt sich für das Bargeld ein, zeigt sich aber zugleich offen für Kryptowährungen, die Digital Ledger Technologie sowie die Zulassung von Krypto-ETFs. Der Bitcoin findet sich explizit im Wahlprogramm der AfD. Als „staatsfreies Geld“ sei er ein „begrüßenswerter Kandidat“ im Wettbewerb der Währungen. „Die AfD fordert die weitgehende Deregulierung des Bitcoins sowie der Bitcoin-Wallets und der Handelsplätze“, heißt es.