Japanische Geldpolitik

„Kein Spielraum für mehrere schnelle Zinsschritte“

Ex-Notenbankerin Sayuri Shirai hält die japanische Volkswirtschaft für zu schwach für eine rasche Abfolge von Zinserhöhungen, wie sie es in Europa und den USA schon gegeben hat.

„Kein Spielraum für mehrere schnelle Zinsschritte“

„Keine schnellen Zinsschritte“ in Japan

Ex-Notenbankerin Sayuri Shirai hält Wirtschaft für zu schwach

mf Tokio
Interview Seite 9

Ungeachtet der höchsten Lohnabschlüsse seit drei Jahrzehnten, die eigentlich inflationstreibend wirken müssten, rechnet das frühere Führungsmitglied der Bank of Japan, Sayuri Shirai, nicht mit einer richtigen Zinswende in Japan. „Wir werden nur eine sehr kleine Änderung sehen“, sagte Shirai im Interview der Börsen-Zeitung. „Und angesichts der Schwäche der japanischen Volkswirtschaft gibt es auch keinen Spielraum für mehrere schnelle Zinsschritte.“

Der Negativzins wird nach ihrer Einschätzung bald abgeschafft und der Einlagenzins auf 0,1% angehoben. „Dann muss logischerweise auch das 0-%-Ziel für die zehnjährige Rendite von Staatsanleihen (JGBs) fallen“, erklärte die Ökonomin, die an der renommierten Keio-Privatuniversität in Tokio lehrt. Die lockere Obergrenze von 1% für die zehnjährige JGB-Rendite werde jedoch bleiben, um Störungen am Finanzmarkt zu vermeiden. Zugleich wird die Bank of Japan weiter kräftig Staatsanleihen kaufen und dies entsprechend kommunizieren.

Inkonsistentes Rahmenwerk

Die größte Herausforderung für BoJ-Gouverneur Kazuo Ueda sieht Shirai in der Inkonsistenz des Rahmenwerks der Notenbank. Eine Normalisierung der bisherigen ultralockeren Geldpolitik sei nur möglich, wenn es eine Aussicht gebe, die Zielgröße von 2% zu erreichen. Die Inflation soll laut der Prognose der BoJ in der zweiten Jahreshälfte zwar sinken und 2025 sogar unter der Zielrate liegen. „Ich sehe nicht wirklich eine Möglichkeit, in diesem Land eine stabile Inflation von 2% zu erreichen“, meinte Shirai. Ein Ausweg wäre eine Flexibilisierung des Inflationsziels, etwa durch ein Band zwischen 1% und 3%. „Dann ließe sich die Geldpolitik ohne innere Widersprüche normalisieren.“

Shirai warnte zudem vor einer zu schnellen Reaktion auf die hohen Tarifabschlüsse. „Im Vorjahr sind die Löhne bei kleinen Firmen zwischen April und November nur um 1,3% gestiegen.“ Die Notenbank sollte zunächst aussagekräftige Lohndaten abwarten. Außerdem sollte die Normalisierung nicht starten, bevor die BoJ das Ergebnis ihrer noch laufenden Überprüfung der bisherigen Geldpolitik veröffentlicht hat, so Shirai.

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