Koalition ringt um Kurzarbeitergeld
Vor dem Treffen des Koalitionsausschusses haben SPD und Union über den Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beraten, die Kurzarbeit für die von der Coronakrise betroffenen Firmen zu verlängern. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert einheitliche Corona-Regeln in den Ländern. Reuters/sp Berlin – Unternehmen und Arbeitnehmer in Deutschland sollen noch bis zum Frühjahr 2022 von erleichterter Kurzarbeit profitieren können und so die Folgen der Coronakrise leichter verkraften können. Ein entsprechender Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) war vor einem Spitzentreffen der Koalition am heutigen Dienstag allerdings noch Gegenstand intensiver Verhandlungen zwischen Union und SPD, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfuhr. Vertreter von Bund und Ländern rangen derweil angesichts von steigenden Neuinfektionszahlen um einheitliche Standards bei der Bekämpfung der Pandemie.Heils Vorschlag sieht die Auszahlung das Kurzarbeitergeldes wegen der Coronakrise bis maximal März 2022 vor. Die Laufzeit soll auf höchstens 24 Monate verlängert werden. Die Bezugsdauer soll kleiner ausfallen, je nachdem, wann ein Unternehmen seit Beginn der Lockerungen der Corona-Beschränkungen im Mai mit der Kurzarbeit begonnen hat. Bei Kurzarbeit-Beginn im März 2021 soll die Bezugsdauer noch 13 Monate betragen. Danach soll die maximale Laufzeit 12 Monate dauern.Bedenken gegen eine Verlängerung kommen wegen der möglichen hohen Kosten vor allem von Finanzpolitikern in der Union, wie es hieß. Auch deshalb wird nach Angaben aus Koalitionskreisen hinter den Kulissen noch heftig gerungen um die Laufzeit und den Umfang der Ausweitung.Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte, eine bloße Verlängerung greife zu kurz. Die betroffenen Arbeitnehmer bräuchten eine Perspektive über die Pandemie hinaus. “Daher muss die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes gekoppelt sein.” Bund-Länder-GesprächeBayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte am Montag eine Verschärfung der in den Bundesländern sehr unterschiedlichen Regeln etwa für Veranstaltungen. Kanzleramtschef Helge Braun beriet mit den Chefs der Staatskanzleien, wie man nach der Sommerpause weiter vorgehen wolle. Während auch Baerbock einen Wildwuchs an Landesregeln kritisierte, lehnten ostdeutsche Ministerpräsidenten wie Reiner Haseloff (CDU) aus Sachsen-Anhalt und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eine Debatte etwa über einen bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten wollen am Donnerstag entscheiden, wie sie weiter vorgehen.Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Montag 711 Neuinfektionen. Auf die großen Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen entfielen dabei rund zwei Drittel der Fälle. Am Wochenende melden aber etliche Gesundheitsämter keine Daten an das RKI, weshalb die Zahlen an Montagen in der Regel niedriger sind als an den Folgetagen. In der vergangenen Woche hatte das RKI die höchsten Neuinfektionszahlen seit Ende April gemeldet. “Wir müssen die Zügel wieder anziehen und nicht die Zügel wieder lockern”, sagte Bayerns Landeschef Markus Söder (CSU). Sowohl er als auch Regierungssprecher Steffen Seibert sprachen von einer “besorgniserregenden Entwicklung”. Noch immer übermittele zudem ein Viertel der Labore keine Daten an die Corona-Warn-App.Mehrere ostdeutsche Ministerpräsidenten bremsten mit Hinweis auf die bei ihnen niedrigen Infektionszahlen die Debatte über neue Verschärfungen und bundeseinheitliche Regelungen. “Bei uns ist da kein Handlungsbedarf. Die Dinge, die wir geregelt haben, reichen, wenn sie eingehalten werden”, sagte Haseloff im MDR. Sachsens Landeschef Kretschmer schloss sich dem an. Es mache überhaupt keinen Sinn, einheitlich gegen den Erreger vorzugehen, sagte er im Deutschlandfunk. Er plädierte für ein zielgenaues, regional abgestuftes Vorgehen.Das Gesundheitsministerium kündigte am Montag eine Überprüfung der Teststrategie nach dem Ende der Reisesaison an. Ein Sprecher warnte in Berlin vor einer Überlastung des Systems, wenn es weiter auf Hochlast gefahren werde. Derzeit gebe es eine “theoretische Testkapazität” von 1,2 Millionen Tests pro Woche. Aktuell sei man bei 875 000 tatsächlichen Tests pro Woche, sagte der Sprecher. “Die Labore sind aktuell stark belastet.” Wenn man dieses Niveau aufrechterhalte, seien personelle und materielle Engpässe zu befürchten. Hintergrund ist, dass die Zahl der Tests für Rückkehrer aus Risikogebieten und von Urlaubsreisen stark zugenommen hat. Auch Grünen-Chefin Baerbock plädierte mit Blick auf knappe Ressourcen dafür, künftig “nicht mehr einfach wahllos” zu testen.