Arbeitslosigkeit sinkt schwächer als üblich

Nur zaghafte Herbstbelebung am deutschen Jobmarkt

Wegen der Konjunkturflaute verlangsamt sich der Beschäftigungsaufbau weiter. Und die Herbstbelebung läuft im September auch nur zögerlich an. Frühbarometer verheißen keine Besserung.

Nur zaghafte Herbstbelebung am deutschen Jobmarkt

Nur zaghafte Herbstbelebung am Jobmarkt

Arbeitslosigkeit nimmt schwächer ab als üblich − „Deutlich mehr“ Kurzarbeit − Ifo-Beschäftigungsbarometer gibt nach

Wegen der Konjunkturflaute verlangsamt sich der Beschäftigungsaufbau und die sonst übliche Herbstbelebung am deutschen Arbeitsmarkt läuft auch nur sehr zögerlich an. Das Beschäftigungswachstum ist gleichfalls mit Vorsicht zu genießen. Frühbarometer machen zudem wenig Hoffnung auf Besserung.

ba Frankfurt

Die Konjunkturflaute hinterlässt am deutschen Arbeitsmarkt zunehmend Spuren. So ist von der üblichen Herbstbelebung bislang kaum etwas zu sehen: „Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben im September zwar abgenommen, jedoch deutlich weniger als sonst in diesem Monat“, erläuterte Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA). So ist die Zahl der Arbeitslosen um 66.000 auf 2,806 Millionen gesunken. Das sind 179.000 mehr als im Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote fiel um 0,1 Prozentpunkte auf 6,0%.

Nach dem Ende der Sommerpause und mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres belebt sich der Arbeitsmarkt im September üblicherweise. Wird dieser jahreszeitliche Effekt berücksichtigt, hat die Arbeitslosigkeit um 17.000 Personen zugenommen, während die Arbeitslosenquote bei 6,0% verharrte. Ökonomen hatten zwar einen Anstieg erwartet, aber nur um 14.000 Personen.

Weniger Erwerbstätige

Die Zahl der Erwerbstätigen wiederum sank im August nach dem Inlandskonzept um saisonbereinigt 21.000 auf rund 45,9 Millionen Personen, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte. Im Juni und Juli hatte die Erwerbstätigenzahl noch geringfügig um 7.000 beziehungsweise 4.000 Personen im Monatsvergleich zugelegt. Unbereinigt ergibt sich ein Rückgang um 35.000 Personen zum Vormonat. Das entspricht einem Minus von 0,1% und ist mehr als doppelt so hoch wie der Rückgang im August vergangenen Jahres, als die Erwerbstätigenzahl um 15.000 Personen gesunken war.

Erfreulicher zeigt sich hingegen der Vergleich zum Vorjahresmonat: Hier ergibt sich ein Zuwachs der Erwerbstätigkeit um 0,3%. Zwar hatten die monatlichen Vorjahresveränderungsraten von Februar bis Juli noch bei +0,4% gelegen, doch setze sich damit „im Vorjahresvergleich der langfristig positive Trend auf dem Arbeitsmarkt weiter fort, allerdings mit abnehmender Dynamik“, wie die Statistiker betonten.

„Ein Silberstreif ist die immer noch leicht aufwärts gerichtete Beschäftigungsentwicklung“, urteilt Marc Schattenberg von der Deutschen Bank. Der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Juli um 150.000 auf 34,73 Millionen Personen beruht laut BA allerdings allein auf ausländischen Staatsangehörigen. Zudem fand ein großer Teil des jüngsten Beschäftigungswachstums in Teilzeit- und Niedriglohnjobs statt, mahnt ING-Chefökonom Carsten Brzeski. Im Juli hatten 7,66 Millionen Personen eine geringfügig entlohnte Beschäftigung, das sind 56.000 mehr als im Vorjahresmonat.

„Deutlich mehr“ Kurzarbeit

Die Konjunkturschwäche zeigt sich auch bei den Kurzarbeitsanzeigen. Bis einschließlich 23. September wurde für 65.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt. Das sind „deutlich mehr als zum vergleichbaren Zeitpunkt im Vormonat“, betonte die BA. Nach aktuellen Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme wurde im Juli für 212.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Im Juni waren es 220.000 und im Mai 196.000.

Frühbarometer signalisieren vorsichtigere Personalplanung

Ökonomen erwarten auch mit Blick auf die jüngst bekannt gewordenen Stellenstreichungen bzw. Pläne dazu sowie die stetig steigenden Insolvenzzahlen, dass der Arbeitsmarkt weiter schwächeln wird. Frühbarometer zeugen von der vorsichtiger werdenden Personalplanung der Unternehmen, vor allem in der Industrie. Das Ifo-Beschäftigungsbarometer etwa ist im September um 0,8 auf 94,0 Punkte gesunken und damit auf den niedrigsten Stand seit Juli 2020. „Die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft hinterlassen nach und nach Spuren auf dem Arbeitsmarkt“, erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.

„Die Unternehmen ziehen häufiger einen Arbeitsplatzabbau in Betracht.“ In der Industrie etwa ist das Barometer auf den niedrigsten Wert seit August 2020 gefallen. Wegen Auftragsmangels bzw. der Konsumzurückhaltung wird in Industrie und Handel weniger Personal gebraucht. Auch bei den Dienstleistern ist die Einstellungsbereitschaft gesunken. Trotz des leichten Anstiegs des Barometers für das Baugewerbe „ist jedoch von einer konstanten Entwicklung der Mitarbeiterzahlen auszugehen“, heißt es beim Ifo. Das Baugewerbe war auch der einzige Wirtschaftszweig, in dem das Ifo-Geschäftsklima im September zugelegt hat.

Weniger offene Stellen

Einen weniger dynamischen Beschäftigungsaufbau sowie steigende Arbeitslosenzahlen signalisieren auch das IAB-Arbeitsmarktbarometer sowie der BA-X, der Stellenindex der BA. Die Zahl der offenen Stellen ist im September saisonbereinigt um 1.000 zum Vormonat gesunken − in den beiden Monaten zuvor verzeichnete die BA Rückgänge um 10.000 bzw. 8.000.


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