EZB

Kreditfluss in Euroland schwächt sich kräftig ab

Die Kreditvergabe an Unternehmen im Euroraum steht aktuell im besonderen Fokus – insbesondere auch bei der EZB. Neue Daten von der Kreditfront bergen nun einigen Diskussionsstoff für die Euro-Hüter.

Kreditfluss in Euroland schwächt sich kräftig ab

ms Frankfurt

Die Kreditvergabe an Unternehmen im Euroraum hat zu Beginn des zweiten Quartals erneut kräftig an Schwung verloren. Die Banken im Währungsraum vergaben nur noch 3,2% mehr Kredite an Firmen als im Jahr zuvor, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag mitteilte. Im März hatte der Wert noch bei 5,3% gelegen und zu Jahresbeginn gar bei rund 7%. Die Kreditvergabe steht aktuell im besonderen Fokus, weil die EZB mit allen Mitteln zu verhindern versucht, dass der Finanzsektor zum Problem für die sich nach der Pandemie abzeichnende Konjunkturerholung wird.

Verantwortlich für die Entwicklung scheinen verschiedene Gründe zu sein – mit unterschiedlichen Implikationen für die EZB, die am 10. Juni zur nächsten Zinssitzung zusammenkommt. Ein wesentlicher Treiber ist, dass die Kreditvergabe im Frühjahr 2020 auf dem Höhepunkt der ersten Coronawelle extrem stark zugenommen hatte – die Abschwächung jetzt stellt also einen negativen Basiseffekt dar. Hinzu kommt, dass mit den besseren Konjunkturaussichten und der Auszahlung staatlicher Transfers der Kreditbedarf der Unternehmen nachlässt – was eher positiv ist und die Bedeutung der Politik im Kampf gegen die Krise unterstreicht.

Eine Rolle könnten aber auch straffere Kreditkonditionen der Banken spielen. Laut dem jüngsten Bank Lending Survey (BLS) haben die Institute ihre Vergabestandards für Kredite an Unternehmen etwas verschärft (vgl. BZ vom 21. April). Eine solche Entwicklung könnte die EZB sorgen und dürfte sie in ihrer Einschätzung bestärken, dass eine Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik noch nicht ansteht (siehe nebenstehenden Text) – oder gar mehr Liquiditätshilfen nötig werden könnten.

Basiseffekte sind auch wesentliche Erklärungen dafür, dass das Wachstum der Geldmengen im April noch einmal deutlich nachgelassen hat. M3 wuchs nur noch mit 9,2% (April: 10,0%) und M1 nur noch mit 12,3% (13,6%). Diese Wachstumsraten schüren aber weiter Hoffnungen für die Konjunktur und nähren zugleich Sorgen vor deutlich mehr Inflation.