Kroatien auf dem Weg in den Euro
ahe/ms Brüssel/Frankfurt
Kroatien ist bereit, am 1. Januar 2023 den Euro einzuführen. Zu diesem Schluss kommt die EU-Kommission auf Grundlage eines neuen Konvergenzberichts. In diesem stellt sie fest, dass das Land die vier nominalen Konvergenzkriterien erfüllt und seine Rechtsvorschriften voll und ganz mit den Anforderungen des Vertrags und mit den Satzungen des Europäischen Systems der Zentralbanken vereinbar sind.
Kroatien erfüllt demnach alle Anforderungen an die Preisstabilität, die über eine harmonisierte Verbraucherpreisinflation gemessen wurde. Auch bescheinigt die EU-Kommission Kroatien solide öffentliche Finanzen mit Blick auf das öffentliche Defizit und den Stand der Staatsverschuldung. Gewährleistet sei zudem die nötige Stabilität im sogenannten Wechselkursmechanismus (WKM) II sowie die Dauerhaftigkeit der Konvergenz, die über die langfristigen Zinsen gemessen wurde.
„Weniger als ein Jahrzehnt nach seinem EU-Beitritt ist Kroatien nun bereit, dem Euro-Währungsgebiet am 1. Januar beizutreten“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Dies wird die kroatische Wirtschaft stärken und den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmen und der Gesellschaft insgesamt Vorteile bringen.“ Lob für die Arbeit der kroatischen Regierung insbesondere mit Blick auf die stabilitätsorientierte Haushaltspolitik kam auch aus dem EU-Parlament.
Die EU-Mitgliedstaaten sollen die endgültigen Beschlüsse über die Einführung des Euro in Kroatien in der ersten Juli-Hälfte nach Beratungen in der Eurogruppe und im Europäischen Rat sowie nach Stellungnahme des EU-Parlaments und der Europäischen Zentralbank (EZB) fassen. Die EZB hat am Mittwoch ebenfalls eine positive Bewertung im Hinblick auf eine mögliche Euro-Einführung Anfang 2023 abgegeben: „Kroatien liegt innerhalb der Referenzwerte der Konvergenzkriterien“, erklärte die EZB, die einen eigenen zweijährlichen Konvergenzbericht veröffentlichte, der ebenfalls eine vertiefte Prüfung Kroatiens beinhaltete.
In Sachen Preisstabilität und Staatsfinanzen enthält der Bericht aber auch Mahnungen Richtung Zagreb. Die Inflation in Kroatien lag laut EZB im April 2022 im Zwölf-Monats-Durchschnitt bei 4,7% und damit unter dem aktuellen Referenzwert von 4,9%, der sich durch die Inflationsentwicklung in den Euro-Ländern bestimmt. Die EZB hat allerdings „Bedenken, ob die Inflationskonvergenz in Kroatien längerfristig tragfähig“ sei. „Um den Aufbau eines übermäßigen Preisdrucks und makroökonomischer Ungleichgewichte zu verhindern, muss der Konvergenzprozess durch geeignete Maßnahmen unterstützt werden“, mahnt die Zentralbank.
Ähnlich schätzt die EZB die Staatsfinanzen ein. Das Defizit habe 2021 mit 2,9% knapp unter der 3-Prozent-Marke des Maastricht-Vertrags gelegen. Die Schuldenquote habe zwar mit 79,8% merklich über der 60-Prozent-Grenze gelegen, sei aber gegenüber 2020 mit 87,3% deutlich zurückgegangen. Allerdings seien jetzt weitere Anstrengungen nötig. „Um solide öffentliche Finanzen zu gewährleisten und die Schuldenquote auf einen langfristigen Abwärtspfad zu bringen, muss Kroatien unbedingt die im Rahmen seines Konjunkturprogramms geplanten Finanzreformen durchführen“, so die EZB.
Bulgarien 2024 an der Reihe
Der bulgarische Lew und die kroatische Kuna sind seit Juli 2020 im WKM II und zugleich in der europäischen Bankenunion. Bereits im Vorfeld waren daher genau die Aufsicht, die Unabhängigkeit der Zentralbank, die Einhaltung von Fiskalregeln, aber auch das Justizsystem und das Thema Korruption durch die EZB und die EU-Kommission begutachtet worden. Nach Angaben von EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni könnte Bulgarien 2024 in die Eurozone folgen.
Insgesamt, also mit Blick auf alle EU-Staaten, die den Euro noch nicht eingeführt haben, zieht die EZB allerdings ein eher ernüchtertes Zwischenfazit in Sachen Konvergenz. Die Fortschritte seien „insgesamt begrenzt“, so die Notenbank. Das liege aber auch an den schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen – mit der Coronakrise und dem Ukraine-Krieg. Neben Kroatien und Bulgarien gehören zu der Gruppe Tschechien, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden. Laut EU-Verträgen sind alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks rechtlich verpflichtet, dem Euro-Währungsgebiet beizutreten, wenn alle Kriterien erfüllt sind. Dänemark hatte sich eine Opt-out-Regelung ausgehandelt.