Geldpolitik

Lagarde heizt Zinsspekulationen an

Befürworter und Gegner weiterer kräftiger Zinserhöhungen im EZB-Rat ringen auf offener Bühne um den weiteren Zinskurs. Jetzt bezieht auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde klar Position.

Lagarde heizt Zinsspekulationen an

ms Frankfurt

Inmitten des zunehmenden öffentlichen Ringens der Euro-Notenbanker um den weiteren Zinskurs hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde klargemacht, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihren Zinserhöhungen noch lange nicht am Ende ist – und die Leitzinsen womöglich bis auf ein restriktives Niveau angehoben werden müssen, um die Rekordinflation zu bekämpfen. Neue Preisdaten zeigten derweil, dass der Preisdruck auf den den Verbraucherpreisen vorgelagerten Stufen weiter sehr stark ist – auch wenn er sich etwas abschwächte.

Nachdem der EZB-Rat vorvergangenen Donnerstag seine Leitzinsen erneut um 75 Basispunkte erhöht hatte, hat bereits eine immer intensivere und mitunter kontroverse Debatte über Tempo und Ausmaß weiterer Schritte eingesetzt. Befürworter und Gegner weiterer kräftiger Zinserhöhungen ringen auf offener Bühne. Während die Befürworter vor allem die Sorge umtreibt, dass sich die hohe Teuerung über steigende Inflationserwartungen und eine Lohn-Preis-Spirale verfestigt, haben die Gegner die zunehmende Rezessionswahrscheinlichkeit im Blick.

Im Euroraum lag die Teuerung im Oktober bei 10,7% und damit mehr als fünf Mal so hoch wie das Inflationsziel der EZB von mittelfristig 2,0%. Besonders besorgniserregend ist dabei, dass sich der Preisdruck immer mehr ausweitet, wie die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel zeigt, die ebenfalls bereits bei 5,0% liegt. Seit der Zinswende im Juli hat die EZB ihre Leitzinsen nun um insgesamt 200 Basispunkte angehoben – so aggressiv wie nie. Im Vergleich zu anderen Zentralbanken, vor allem zur US-Notenbank Fed, hinkt sie indes hinterher.

Arbeit längst nicht getan

„Unsere Arbeit ist noch lange nicht abgeschlossen”, sagte Lagarde nun am Freitag in einer Rede im estnischen Tallinn. Bereits am Donnerstag hatte sie die Notwendigkeit weiterer Zinserhöhungen bekräftigt und dabei erklärt, dass auch eine „leichte Rezession” nicht ausreichen würde, um die Teuerung zu zähmen. Am Freitag fügte sie nun hinzu: „Die Rücknahme der akkommodierenden Maßnahmen wird möglicherweise nicht ausreichen, um die Inflation wieder auf unser Ziel zu bringen.” Bereits nach der EZB-Ratssitzung hatte sie angedeutet, dass womöglich ein restriktives Zinsniveau nötig werden könnte. Besonders das scheint im EZB-Rat noch umstritten.

Unterdessen wurde am Freitag bekannt, dass sich der rasante Anstieg der Erzeugerpreise zuletzt etwas abgeschwächt hat – allerdings auf hohem Niveau. Im September erhöhten sich die Preise, die Hersteller für ihre Waren erhalten, auf Jahressicht um 41,9%, wie Eurostat mitteilte. Analysten hatten dies im Durchschnitt erwartet. Im Vormonat hatte der Anstieg mit 43,4% ein Rekordniveau erreicht. Hauptpreistreiber war erneut Energie. Vorleistungsgüter verteuerten sich kräftig. Allerdings schwächt sich der Preisauftrieb hier seit einigen Monaten ab.

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