EZB

Lagarde kritisiert zu breit angelegte Hilfsprogramme

EZB-Präsidentin Christine Lagarde sieht die staatlichen Unterstützungsprogramme im Rahmen der Energiekrise aktuell noch viel zu breit angelegt, was ihrer Ansicht nach das Risiko birgt, die Inflation noch weiter anzuheizen.

Lagarde kritisiert zu breit angelegte Hilfsprogramme

ahe/ms Brüssel

/Frankfurt – Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat die EU-Staaten noch einmal aufgefordert, ihre Unterstützungsmaßnahmen für die eigene Bevölkerung sehr zielgerichtet und zeitlich befristet einzusetzen. Aktuell seien allenfalls 10% bis 20% der Hilfen auch maßgeschneidert, kritisierte sie am Montag im Wirtschafts- und Währungsausschuss (Econ) des EU-Parlaments. Lagarde verwies noch einmal darauf, dass die hohen Energie- und Lebensmittelpreise insbesondere die schwächeren Haushalte belasteten und sich die Situation wohl noch weiter verschärfen werde. Hierauf müssten sich die finanzpolitischen Unterstützungen konzentrieren. Wenn die Maßnahmen aber zu breit ausfielen, steige auch das Risiko, dass die Inflation weiter angeheizt werde. „Wir müssen damit aufhören, die Nachfrage anzukurbeln“, sagte Lagarde.

Zinsen steigen weiter

Wegen des Kriegs in der Ukraine rechnet die EZB-Präsidentin mit einer weiteren erheblichen Konjunkturabschwächung in den nächsten Quartalen. Die Wirtschaftsaktivität werde sich in den nächsten Quartalen „substanziell“ abschwächen. Die Unsicherheit sei nach wie vor groß, was sich im sinkenden Vertrauen der Haushalte und Unternehmen widerspiegele. Trotzdem stellte Lagarde erneut weitere Anhebungen der Zinssätze in den nächsten Sitzungen des EZB-Rates in Aussicht, um die Nachfrage zu dämpfen und um etwas gegen die „Gefahr einer anhaltenden Aufwärtsbewegung der Inflationserwartungen“ zu unternehmen. Sie wies zugleich Warnungen vor dem Risiko einer Überreaktion durch die EZB zurück. Man müsse mittelfristig wieder das 2-Prozent-Ziel erreichen. Dies sähen aber die neuen Inflationsprognosen für 2024 noch nicht vor, sagte sie. Da liege man derzeit bei 2,3%, im Negativ-Szenario sogar noch bei 2,7%. „Wir müssen also aktiv werden“, bekräftigte Lagarde.

Die Abwertung des Euro habe zuletzt ebenfalls zum Aufbau von Inflationsdruck beigetragen, sagte Lagarde. Die EZB wolle nun zu einem Punkt kommen, wo die Geldpolitik wieder neutral wirke, sagte sie. „Da sind wir noch nicht.“

Im EZB-Rat sind das Tempo und das Ausmaß weiterer Zinsanhebungen umstritten. Das zeigte sich auch zu Wochenbeginn. So sprach sich Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras für eine allmähliche Straffung der Zinsen aus: „Meiner Meinung nach muss die EZB die Grundprinzipien des Gradualismus und der Flexibilität beibehalten.“ Dagegen sagte der kroatische Zentralbankchef Boris Vujcic, im Kampf gegen die „Krankheit“ Inflation brauche es bei der nächsten Sitzung im Oktober erneut eine Zinserhöhung um mindestens 50 Basispunkte.

Zum Instrument gezielter Staatsanleihekäufe im Rahmen des TPI (Transmission Protection Instrument) stellte Lagarde unterdessen im Econ noch einmal klar, dass dieses nur unter strengen Bedingungen und punktuell eingesetzt werde. Das Instrument sei auch nicht dazu gedacht, es „endlos einzusetzen“. Es könne durchaus sein, dass das TPI beendet werde, weil es entweder „völlig erfolglos“ gewesen sei oder weil der EZB-Rat mit seiner anfänglichen Diagnose falsch gelegen habe.

Lagarde sagte in diesem Zusammenhang zugleich mit Blick auf Italien, das TPI sei nicht für ein spezielles Land vorgesehen, und sie habe auch kein spezielles Land beim möglichen Einsatz des Instruments im Auge.

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