EZB

Lagarde sorgt sich um Stabilität der Inflations­erwartungen

Die EZB hält sich im Kampf gegen die hohe Inflation den Spielraum für größere Zinsschritte offen. Zugleich schnürt sie ein Instrumentenpaket gegen zu hohe Zinskosten für wackelige Euroländer. Impulse vom EZB-Forum im portugiesischen Sintra.

Lagarde sorgt sich um Stabilität der Inflations­erwartungen

Das geplante Instrument der Europäischen Zentralbank (EZB) im Kampf gegen hohe Finanzierungskosten für stark verschuldete Länder wie Italien muss nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde mit einer soliden Haushaltspolitik verknüpft werden. „Das neue Instrument muss wirksam, gleichzeitig aber auch verhältnismäßig und mit ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen versehen sein, damit die Mitgliedstaaten weiterhin zu einer soliden Finanzpolitik angehalten werden“, sagte Lagarde am Dienstag im portugiesischen Sintra auf dem jährlichen Forum der EZB. An diesem Freitag, soll das neue Instrument „aktiviert“ werden, zumal an diesem Tag auch ein älteres Programm zum Ankauf von Vermögenswerten auslaufen wird, wodurch einige der höher verschuldeten Länder der Eurozone an diesem Tag möglicherweise spekulativen Angriffen von Investoren ausgesetzt worden wären.

Nur laxe Auflagen?

Insidern zufolge dürften die Auflagen aber nicht allzu schwer zu erreichen sein. So sollen sich die Länder an die wirtschaftlichen Empfehlungen der EU-Kommission halten – was sie allerdings ohnehin tun müssen, um Finanzmittel von der Europäischen Union zu erhalten.

Die Renditen für Staatsanleihen von Italien und anderen stark verschuldeten Länder sind in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt. Grund dafür ist, dass die EZB ihre Wertpapierkäufe auslaufen lässt und im Juli erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt ihren Leitzins anheben will. Zudem verlangen Investoren von solchen Ländern höhere Risikoaufschläge für ihr Geld. Das zieht Milliardenkosten für diese Staaten nach sich.

Diese Entwicklung fällt in eine Zeit, in der im Kampf gegen eine drohende Rezession sowie zur Entlastung von Unternehmen und Verbrauchern von den hohen Energiepreise viel Geld gebraucht wird. Deshalb plant die EZB eine Renditebremse, an deren konkreter Ausgestaltung derzeit noch gearbeitet wird.

Sterilisation geplant

Insidern zufolge könnte die EZB im Gegenzug wieder Geld aus dem Bankensystem abziehen. Demnach könnte ein neues Anleihekaufprogramm mit Auktionen verknüpft werden, bei denen Banken Geld bei der EZB zu besseren Konditionen als dem üblichen Einlagenzinssatz parken können. Dies würde es der EZB ermöglichen, die Anleihekäufe im Rahmen des neuen Programms zu „sterilisieren“, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Vor einem Jahrzehnt hatte sie schon einmal solche wöchentlichen Maßnahmen durchgeführt, um Liquidität abzuschöpfen. Eine Sprecherin der EZB lehnte eine Stellungnahme ab.

EZB mit Spielraum nach oben

Lagarde bekräftige zugleich die Absicht, den Leitzins angesichts der starken Inflation schrittweise anzuheben. Die EZB halte sich aber die Option offen, bei einer Verschlechterung der mittelfristigen Inflationsaussichten „entschlossen zu handeln“ und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Rekordinflation bei Bedarf zu verstärken. Lagarde: „Es gibt eindeutig Bedingungen, unter denen Gradualismus nicht angemessen wäre”, erklärte die Notenbankchefin am Dienstag. „Wenn wir beispielsweise eine höhere Inflation feststellen, die die Inflationserwartungen zu entankern droht, oder Anzeichen für einen dauerhaften Verlust des Wirtschaftspotenzials, das die Verfügbarkeit von Ressourcen begrenzt, müssten wir die akkommodierenden Maßnahmen rascher zurücknehmen.”

Die EZB hat bislang signalisiert, ihren Leitzins im Juli erstmals seit 2011 anzuheben – und zwar um einen viertel Prozentpunkt. Für September deutete sie an, nachzulegen und dann um einen halben Prozentpunkt hochzugehen. Grund ist die starke Inflation. Die Teuerungsrate liegt aktuell auf dem Rekordwert von 8,1% und ist damit viermal so hoch wie von der EZB angestrebt.