G7-Treffen

Lindner sammelt Geld für die Ukraine

Deutschland sagt der Ukraine zur Liquiditätssicherung einen Zuschuss von rund 1 Mrd. Euro zu. Dies ist Teil eines Fundraisings der G7, um laufende Staatsausgaben zu decken.

Lindner sammelt Geld für die Ukraine

wf/ms/ahe Königswinter

Mit Zuschüssen für den Staatshaushalt der Ukraine will die G7 die Liquiditätslücke des kriegsgebeutelten Landes in den nächsten Monaten schließen. „Es geht darum, die Handlungsfähigkeit des ukrainischen Staates sicherzustellen“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) beim Treffen mit seinen Amtskollegen und den Notenbankgouverneuren der sieben führenden Indus­trieländer (G7) in Königswinter auf dem Petersberg. Deutschland selbst stellt rund 1 Mrd. Euro aus dem Etat 2022 bereit, der an diesem Donnerstag im Haushaltsausschuss des Bundestags verabschiedet werden soll. Die USA haben bereits 7,5 Mrd. Dollar an direkter Unterstützung zugesichert. Deutschland bemühe sich um weitere Zusagen aus der G7 und darüber hinaus, unterstrich Lindner.

Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz in der G7, zu der ferner die USA, Kanada, Japan, Frankreich Großbritannien und Italien gehören. Die endgültige Entscheidung über die direkten Hilfen dürfte beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7 Ende Juni auf Schloss Elmau in Bayern fallen. Lindner sprach von einer „sehr guten Vorarbeit“ der Finanzminister.

Zugeschaltet war dem Treffen auf dem Petersberg der ukrainische Finanzminister Sergej Martschenko. Offen blieb der erforderliche Gesamtbetrag, den die Ukraine benötigt. Martschenko hatte im April beim G7-Treffen in Washington den Finanzbedarf für April bis Juni auf 15 Mrd. Euro beziffert, um die Zahlungsfähigkeit der Ukraine aufrechtzuerhalten. Damit sollen unter anderem Rentner und Staatsbedienstete bezahlt werden.

Mehr Zusagen erwartet

Die Steuereinnahmen der Ukraine sind durch den Krieg eingebrochen. Neuere Zahlen zum Finanzbedarf legen der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank in Königswinter vor. Lindner sprach vor der Presse von einem „zweistelligen Milliardenbetrag“, den die Ukraine in den kommenden Monaten benötigen werde. Die nicht rückzahlbaren Zuschüsse werden in eine Fazilität des Internationalen Währungsfonds (IWF) überführt, der die Auszahlung koordiniert. Weitere Zusagen aus dem Kreis der G7 werden Lindner zufolge im Verlauf des Treffens noch konkretisiert werden.

Unabhängig von der Sicherung der Liquidität der Ukraine hat die EU-Kommission ein Paket kurzfristiger Darlehen von bis zu 9 Mrd. Euro vorgeschlagen. Es dient der makroökonomischen Stabilisierung des Landes. Die Mittel werden über den Kapitalmarkt finanziert und von den EU-Mitgliedstaaten garantiert. Dieses Instrument der Makrofinanzhilfe soll bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen des Krieges helfen. Die Ukraine hatte bereits Mittel dieser Art infolge der Covid-Pandemie von der EU erhalten. Anders als die G7-Liquiditätshilfen müssen die EU-Gelder zurückgezahlt werden und sind mit Auflagen verbunden.

Lindner hob die enge Verbindung der G7 hervor, die durch den Überfall Russlands auf die Ukraine gestärkt worden sei. „Putin wird seine Kriegsziele in der Ukraine nicht erreichen“, konstatierte Lindner. Durch den Krieg habe der russische Präsident aber eines erreicht: „Die internationale Kooperation und die Bereitschaft zu globaler Partnerschaft ist so groß wie kaum jemals zuvor.“ Der Minister zeigte sich deshalb zuversichtlich, dass die G7 auch andere globale Herausforderungen wie den Klimawandel, die digitale Transformation oder die Sicherung der wirtschaftlichen Entwicklung miteinander bewältigen kann. Diese Themen standen auch auf der Tagesordnung der G7. Das Treffen dauerte am Donnerstag an und wird voraussichtlich am Freitagnachmittag enden.

Kontroverse um Vermögen

Für teils kontroverse Diskussionen sorgen Überlegungen, das Auslandsvermögen der russischen Zentralbank zu beschlagnahmen und für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden. Laut den USA hat der Westen insgesamt rund 300 Mrd. Dollar an Vermögenswerten der Notenbank eingefroren. Lindner hatte bereits vor dem Treffen gesagt, dass er „politisch offen“ für diese Idee sei. In der EU werde darüber diskutiert. Seine US-Amtskollegin Janet Yellen hatte dagegen festgehalten, dass die USA eine solche Beschlagnahmung nicht planten. Dies wäre in den USA momentan nicht legal, sagte sie. In Notenbankkreisen dürften solche Überlegungen kritisch gesehen werden – nicht nur wegen der juristischen Hürden, sondern auch wegen der potenziellen Folgen für das Finanzsystem. Die Sorge ist, dass Russland und auch China ihre Bemühungen verstärken könnten, ein alternatives Finanzsystem aufzubauen – womit die globale Finanzarchitektur weiter zerklüftet würde.

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