Konjunktur

Lockdown lähmt Briten nicht mehr

Wie die jüngsten Daten des britischen Statistikamts ONS zeigen, ist der wirtschaftliche Einbruch im Auftaktquartal trotz weitreichender Kontaktbeschränkungen weniger stark ausgefallen als angenommen. Volkswirte erwarten eine schnelle Erholung, wenn das Impfprogramm weitergeführt wird wie geplant.

Lockdown lähmt Briten nicht mehr

hip London

Die britische Wirtschaft hat sich trotz landesweiter Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie im Auftaktquartal besser entwickelt als bislang erwartet. Zwar blieb das Wachstum im Februar mit 0,4% etwas unter dem Schnitt der Schätzungen von Volkswirten, die bei 0,6% gelegen hatten. Dafür war das Minus im Januar nicht ganz so groß wie bislang unterstellt. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, ging das Bruttoinlandsprodukt zum Jahresanfang lediglich um 2,2% zurück und nicht, wie zunächst angenommen, um 2,9%.

Rory Macqueen, Volkswirt beim renommierten Nationalen Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung (NIESR), sagte: „Obwohl sich an den Restriktionen nicht viel geändert hat, bedeuten die Rückkehr zum Wachstum im Februar und die Revision des Januarwerts nach oben, dass die Schrumpfung des BIP im ersten Quartal viel kleiner ausfallen wird als bisher erwartet.“ Weite Teile der Wirtschaft hätten sich an die Bedingungen des Lockdowns angepasst.

Alles in allem lag das BIP um 7,8% unter dem im Februar 2020 erreichten Wert, allerdings ist dies auf starke Einbrüche in wenigen Branchen zurückzuführen, während sich andere an die Restriktionen anpassen konnten. So musste das Gastgewerbe im Vorjahresvergleich einen Rückgang von 50% hinnehmen, doch lagen sowohl das verarbeitende Gewerbe als auch die Baubranche lediglich um 4% unter den Werten aus dem Februar 2020. Der Output der öffentlichen Verwaltung, des Gesundheitswesens und der Energiebranche fiel dagegen höher aus als ein Jahr zuvor.

Basis für Wachstum

„Wenn das Impfprogramm und die Aufhebung von Restriktionen fahrplanmäßig weitergehen, liefert das eine feste Basis für anhaltendes Wachstum im zweiten Quartal und im Gesamtjahr“, sagte Macqueen. Bei seiner Denkfabrik in Westminster geht man nun von einer Schrumpfung des BIP um 1,5% im Auftaktquartal aus. Auch die Volkswirte von Barclays kommen in ihrer neuesten Schätzung auf diesen Wert.

Die Bank of England hatte zuletzt mehr als 4% angesetzt. Man darf davon ausgehen, dass die Notenbank ihre Prognosen im Inflationsbericht, der am 6. Mai zur Veröffentlichung ansteht, nach oben korrigieren wird. Sie sähen mittlerweile „viel zu pessimistisch“ aus, schrieb die HSBC-Volkswirtin Elizabeth Martins. Mittlerweile wurde in Großbritannien der Regierung zufolge allen Menschen ab 50 Jahren eine erste Impfdosis gegen Sars-CoV-2 angeboten. Wer älter als 45 ist, kann nun ebenfalls einen Termin bekommen. Die dafür vorgesehene Website des National Health Service brach kurzzeitig unter dem Ansturm der Impfwilligen zusammen.

Für das zweite Quartal hat das NIESR mit Blick auf die aufgestaute Nachfrage und die erwartete Rückkehr zur Normalität in Gastgewerbe und Einzelhandel ein Wachstum von 4,6% angesetzt, für das Gesamtjahr 3,4%. Barclays hat dagegen bereits 5,9% auf der Rechnung, die HSBC 5,8%. Langfristig sehe es mit Blick auf die von der Coronakrise zurückbleibenden wirtschaftlichen „Narbeneffekte“ etwas besser aus als gedacht, notierten die Barclays-Ökonomen Fabrice Montagne und Abbas Khan.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte in seinem World Economic Outlook bereits unterstellt, dass Großbritannien in diesem Jahr mit einem Wachstum von 4,5% an der Eurozone (4,2%) vorbeiziehen wird. Für das kommende Jahr erwartet der IWF gar, dass das Vereinigte Königreich um 5,0% expandieren und damit alle anderen entwickelten Volkswirtschaften hinter sich lassen wird.

Auch die Außenhandelsdaten zeugen von einer Erholung. Die Exporte, die im Januar stark eingebrochen waren, stiegen im Februar wieder auf ein Niveau, wie es in den Monaten nach Beginn der Pandemie üblich war. Das Volumen der Ausfuhren in die EU stieg um 53%, nachdem es im Januar um 45% zurückgegangen war, was darauf hindeutet, dass ein Großteil der Probleme, die sich bei der Zollabfertigung aus dem Ende der Brexit-Übergangsphase ergaben, mittlerweile bewältigt sein dürfte. Die Gütereinfuhren aus der Staatengemeinschaft erhöhten sich dagegen nur ein wenig.