"Macron ist kein Heilsbringer"

Chefökonom Krämer zweifelt an Reformpolitik

"Macron ist kein Heilsbringer"

lz Frankfurt – Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, hat davor gewarnt, im französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron, dem bislang die größten Chancen für einen Wahlsieg eingeräumt werden, einen “wirtschaftspolitischen Heilsbringer” zu sehen. Wegen seiner positiven Haltung zur EU und zur Eurozone halten viele deutsche Beobachter ihn für die richtige Wahl, um eine erneute Euro-Krise und einen Zerfall der EU zu verhindern. Zwar hätte Macron eine Reihe von Reformen angekündigt, die “in die richtige Richtung” gingen, räumt Krämer ein, doch mangele es ihm wohl auch künftig an der nötigen Gefolgschaft im Parlament für die Umsetzung und es fehle ihm zudem an einem Draht zu den mächtigen Gewerkschaften, die den Reformwiderstand organisieren würden.Frankreichs größtes wirtschaftliches Problem ist laut Krämer die hohe Arbeitslosigkeit. Die Jugendarbeitslosigkeit liege bei 24 %. Verantwortlich dafür seien der im internationalen Vergleich hohe Mindestlohn (siehe Grafik) sowie die zu lange und zu schnelle Gewährung von Arbeitslosengeld, das obendrein noch deutlich höher ausfällt als anderswo. Dies verhindere die Schaffung neuer Jobs und mache eine Arbeitsaufnahme unattraktiver. Entscheidend sei ferner, dass es in Frankreich an der nötigen Kooperation zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften mangele.Das Wahlprogramm des früheren Wirtschaftsministers hält Krämer für wenig überzeugend. Macron will die Arbeitskosten senken, indem er die Arbeitslosenversicherung durch Steuern statt Abgaben finanziert. Zudem verspreche er die Senkung von Unternehmensteuern. Über die Finanzierung schweige er sich aber aus. Ein Durchbruch am Arbeitsmarkt sei damit nicht zu erwarten. Krämer: “Ich erwarte allenfalls eine Fortsetzung der zögerlichen Reformpolitik von François Hollande.”Krämer geht ferner davon aus, dass auch unter einem Präsidenten Macron “die Zwietracht in der Eurozone” anhalten wird. Schließlich fordere er einen gemeinsamen Haushalt für den Euroraum, was Deutschland ablehne. Krämer: “Die Eurozone wird auch bei einem Sieg von Macron nicht zur Ruhe kommen.”