Freundschaftsvertrag

Macron und Sánchez warnen vor „De­indus­trialisierung“

Spaniens Ministerpräsident Sánchez und Frankreichs Staatschef Macron warnen vor der Deindustrialisierung Europas. Man brauche nationale und europäische Mittel, für welche die EU wie schon in der Pandemie gemeinsame Schulden machen solle.

Macron und Sánchez warnen vor „De­indus­trialisierung“

ths Madrid

Spanien und Frankreich wollen zusammen auf eine europäische Antwort auf die Subventionspolitik der US-Regierung und eine gründliche Reform des Energiemarktes dringen. Auf einem Gipfeltreffen in Barcelona am Donnerstag warnten der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron vor einer „Deindustrialisierung Europas“ infolge der hohen Energiekosten durch den Krieg in der Ukraine einerseits und der protektionistischen Maßnahmen der Regierung von Joe Biden unter dem Inflation Reduction Act (IRA) andererseits.

In diesem Sinne sei die Unterzeichnung des ersten spanisch-französischen Freundschaftsvertrags eine gute Nachricht für ganz Europa, versicherten beide Regierungschefs. Das Abkommen hebt das bilaterale Verhältnis zwischen den Nachbarn auf das Niveau zwischen Madrid und Berlin, mit regelmäßigen jährlichen Regierungskonsultationen und der gegenseitigen Teilnahme an Kabinettssitzungen.

„Europa befindet sich in einem kritischen Moment wegen des Krieges und der handelspolitischen Entscheidungen einiger Verbündeter wie den USA“, erklärte Sánchez. Macron schlug vor, dass die EU Präsident Biden auffordern solle, für europäische Unternehmen und Investoren ähnliche Ausnahmeregelungen beim IRA zu schaffen, wie sie für Kanada und Mexiko vorgesehen sind. Sánchez und sein Gast sind sich auch einig, dass die Europäische Union auf den umstrittenen Alleingang der Amerikaner mit eigenen Subventionen reagieren muss, vor allem für die Umwelttechnik und Technologie.

Die Zuschüsse für die Industrie müssten aus sowohl aus nationalen als auch aus europäischen Fonds stammen. Dafür solle die EU gemeinsame Schulden aufnehmen, wie in der Corona-Pandemie. „Es gibt bezüglich der gemeinschaftlichen Schulden kein Tabu mehr“, meinte Macron. Er wolle diese Position Bundeskanzler Olaf Scholz nahelegen, wenn sich beide am Sonntag zum 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags in Paris treffen. „Wir müssen ein klares Zeichen an die Investoren senden“, so der Franzose.

„Dieselbe Vision“

Auch bei der angestrebten Reform der europäischen Energiemärkte wollen Madrid und Paris zusammenarbeiten. Sie haben bereits ihre Vorschläge nach Brüssel geschickt. Die Kommission will im März einen Entwurf vorlegen. Spanien fordert die Entkopplung von Gas und Kohle vom Preisfindungsmechanismus bei der Stromerzeugung. Er teile mit Sánchez „dieselbe Vision einer profunden, strukturellen Reform der Strommärkte“, sagte Macron.

Beide Regierungen verständigten sich auf den Ausbau der Elektrizitätsnetze über die Pyrenäen, ein Anliegen Madrids, das sich zusammen mit Nachbar Portugal vom Rest des Kontinents in Energiefragen abgespalten fühlt. Sánchez und Macron unterstrichen die Bedeutung der im Dezember vereinbarten Unterwasserpipeline von Barcelona nach Marseille, die grünen Wasserstoff transportieren soll. Schließlich versprachen die beiden Regierungschefs, beim Ausbau der Transportinfrastruktur das Tempo zu erhöhen, insbesondere beim Mittelmeerkorridor.