Macrons gefährlicher Schachzug
Frankreich
Macrons gefährlicher Schachzug
Von Gesche Wüpper
Es war eine Niederlage, die sich im Vorfeld abgezeichnet hatte. Mit der Reaktion des französischen Staatsoberhauptes darauf hatte jedoch niemand gerechnet, am allerwenigsten vielleicht der Rassemblement National (RN), der rechtsextreme Sieger der Europawahlen in Frankreich. Etliche politische Akteure hatten die Abstimmung Sonntag im Vorfeld zu einer Art Referendum für oder gegen Emmanuel Macron beschworen und so mit dem Feuer gespielt. Dass er die Konsequenzen aus der Niederlage zieht und versucht, durch Neuwahlen Klarheit zu schaffen, hat dennoch alle überrascht.
Macron versucht die Flucht nach vorn. Mit der Auflösung der Nationalversammlung und den Neuwahlen setzt er alles auf eine Karte. Innerhalb der letzten 60 Jahre hat es das in Frankreich bisher nur fünfmal gegeben. Der Schachzug Macrons ist waghalsig. Warum sollten Wähler jetzt den bereits bei den letzten Urnengängen immer wieder bemühten Beschwörungen folgen, der RN müsse verhindert werden? Bei vielen zieht das Argument nicht mehr. Enttäuscht von Macrons Politik und den etablierten Parteien glauben sie, keine andere Chance zu haben, als es mit der RN zu probieren.
Frankreich stehen unsichere und gefährliche Zeiten bevor. Sollte Marine Le Pens rechtsextreme Partei auch die Parlamentswahlen gewinnen, bleibt Macron nur die Wahl, mit ihr zu kohabitieren oder wie Charles de Gaulle 1969 zurückzutreten und so vorgezogene Präsidentschaftswahlen zu provozieren. Macrons Wette ist riskant.