KfW-Mittelstandspanel

Mittelstand wird nur langsam digitaler

Deutschland macht zu langsame Fortschritte bei der Digitalisierung. Der Mittelstand macht dabei keine Ausnahme, auch wenn hier zunehmend mehr Geld investiert wird. Kleine Unternehmen drohen abgehängt zu werden.

Mittelstand wird nur langsam digitaler

Mittelstand wird nur langsam digitaler

Kluft zwischen großen und kleinen Firmen wächst − Sachinvestitionen liegen weiter deutlich vorne

ba Frankfurt

Trotz der Konjunkturflaute wird der deutsche Mittelstand einer KfW-Studie zufolge digitaler − wenn auch nur langsam. Zwar haben die Unternehmen 2023 mehr Geld in Digitalisierungsprojekte gesteckt. Im Vergleich zu den Sachinvestitionen in Maschinen, Anlagen und ähnlichem bleiben sie jedoch nach wie vor stark zurück. Dabei sind es vor allem die großen Mittelständler mit 50 und mehr Beschäftigten, die hier investieren. Als bremsende Faktoren gelten neben der unterschätzten strategischen Bedeutung begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten, mangelnde Digitalkompetenzen sowie der Rückstand bei der digitalen Infrastruktur und die Anforderungen bei Datensicherheit und Datenschutz.

Untypisches Muster

Laut dem KfW-Mittelstandspanel, das die Jahre 2021 bis 2023 umfasst, haben zuletzt 1,3 Millionen der insgesamt 3,84 Millionen Mittelständler Digitalisierungsprojekte durchgeführt. Dies ist der zweite Anstieg in Folge. Der Anteil von 35% übertrifft das Vor-Corona-Niveau der Jahre 2017 bis 2019 um fünf Prozentpunkte sowie das Level der vorherigen Umfrageperiode von 2020 bis 2022 um zwei Prozentpunkte. Dass der Anteil im Zeitraum 2016 bis 2018 mit 40% deutlich höher lag, führt die KfW auf „die damals ausgesprochen günstige konjunkturelle Lage im Mittelstand in Kombination mit der hohen medialen Aufmerksamkeit für dieses Thema“ zurück. Typischerweise würden Digitalisierungsschritte in konjunkturell günstigen Zeiten angegangen − die Abweichung vom sonst beobachteten Verhaltensmuster findet Volker Zimmermann, Digitalisierungsfachmann bei KfW Research daher bemerkenswert. „Viele Unternehmen sehen offenbar ungeachtet der konjunkturellen Lage eine große Notwendigkeit für Digitalisierungsmaßnahmen, etwa weil sie mit dauerhaften Nachfrageverschiebungen hin zu digitalen Angeboten und Vertriebswegen rechnen.“

Sachinvestitionen liegen weiter deutlich vorne

2023 gaben die Mittelständler 31,9 Mrd. Euro für Digitalisierungsprojekte aus. Von dem nominalen Plus von 2,6 Mrd. Euro zum Vorjahr verbleibt auch preisbereinigt ein Wachstum von 1,0 Mrd. Euro. In Sachinvestitionen allerdings flossen 250 Mrd. Euro. „Somit gaben Mittelständler für traditionelle Investitionen knapp achtmal so viel wie für ihre Digitalisierung aus“, betonte die KfW. 

Im Durchschnitt beliefen sich die Digitalisierungsinvestitionen auf 25.000 Euro, wobei die Schere weit geöffnet ist: Bei kleinen Unternehmen mit weniger als 5 Beschäftigten waren es im Schnitt 8.000 Euro, bei große Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten mit 216.000 Euro knapp das 27-fache. Nachdem die Spanne vor Ausbruch der Corona-Pandemie noch beim 17-fachen gelegen hatte, haben die großen Mittelständler ihren Digitalisierungsvorsprung deutlich ausgebaut.

Trotz des Anstiegs der Digitalisierungsausgaben in allen Unternehmensgrößenklassen hat die Konzentration auf große Unternehmen zugenommen. Diesen Trend beobachtet die KfW seit Beginn der Untersuchung vor acht Jahren. Zwar sind nur 2% der Mittelständler Großunternehmen. Auf sie entfallen aber aktuell mit 12,9 Mrd. Euro 41% der Digitalisierungsausgaben. Auf die kleinen Unternehmen, die mit 81% die Masse des Mittelstands stellen, entfallen 4 Mrd. Euro der Digitalisierungsausgaben.

Grundlagen fehlen

Um die Digitalisierung anzuschieben, sieht die KfW etliche Ansatzpunkte. Hinsichtlich der mangelnden Digitalkompetenzen müssten mehr junge Menschen zur Aufnahme von Informatikstudiengängen motiviert und die Zahl der Studienabbrecher gesenkt werden, um so den IT-Fachkräftemangel zu lindern. Zudem solle die Vorbildung in Schule sowie beruflichen und akademischen Aus- und Weiterbildungen gesteigert werden, indem IT-Wissen verstärkt in die Ausbildungsinhalte integriert wird.

Zur Linderung der Finanzierungsproblematik gelte es, zusätzliche, gezielte finanzielle Anreize für die Durchführung von Digitalisierungsvorhaben zu setzen. Dabei müssten sich die Finanzierungsangebote am Reifegrad der digitalen Technologien orientieren. Konkret genannt werden steuerliche FuE-Förderung, eine stärkere Verschränkung der FuE- und Digitalisierungsförderung oder ein besseres Angebot von Beteiligungsfinanzierungen und eigenkapitalähnlichen Finanzierungsinstrumenten.

Das KfW-Mittelstandspanel erfasst Projekte zum erstmaligen oder verbesserten Einsatz digitaler Technologien in den internen Prozessen, den Produkten und im Kunden- und Zuliefererkontakt, sowie Projekte zum Aufbau von Digitalisierungskompetenzen.

DIHK kommt zu einem ähnlichen Ergebnis

Ein ähnliches Ergebnis zeigt auch die DIHK-Digitalisierungsumfrage unter mehr als 5.000 Unternehmen aus verschiedenen Branchen zur Digitalisierung im eigenen Betrieb. „Die Digitalisierung in Deutschland verläuft zu langsam“, stellt Volker Treier, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung fest. „Wir lassen zu viele Möglichkeiten liegen, und es fehlen innovative Technologien“. Die Umfrage zeige, dass die Digitalisierung bislang weniger als Innovationsmotor gesehen wird, sondern vielmehr als Hilfsmittel, um die tagesaktuellen Herausforderungen zu bewältigen. 66% der Firmen nannten denn als Hauptmotiv für die Digitalisierung, Arbeitsprozesse effizienter gestalten zu wollen. 65% erhoffen sich Kostenersparnisse und 63% setzen auf Qualitätsverbesserungen.

Als größte Herausforderungen gelten in der Umfrage fehlende Zeit (60%), zu hohe Komplexität (54%) und der finanzielle Aufwand (42%). Rund jedes dritte Unternehmen sieht sich der DIHK zufolge aber auch mit Sicherheitsrisiken, einem Mangel an IT-Fachkräften und fehlenden Kompetenzen sowie mit Unsicherheiten bei rechtlichen Vorgaben konfrontiert. Moniert wurde zudem der nach wie vor schleppende Netzausbau: Nur 73% der Befragten gab an, dass die aktuelle Verfügbarkeit von schnellem Internet vor Ort ihrem Bedarf entspricht.

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