Erzeugerpreise

Neue Nahrung für Inflationsdebatte

Das Thema Inflation erhitzt immer stärker die Gemüter in Deutschland. Neue Preisdaten und eine Studie der Commerzbank liefern nun weitere Nahrung für die zunehmend aufgeregte Debatte.

Neue Nahrung für Inflationsdebatte

ms Frankfurt

Neue Preisdaten und eine Studie der Commerzbank liefern weitere Nahrung für die zunehmend aufgeregte Inflationsdebatte in Deutschland. Wie am Freitag bekannt wurde, verzeichneten die Erzeugerpreise in Deutschland im Juli mit 10,4% gegenüber Vorjahr den stärksten Anstieg seit Januar 1975 – als die Preise in der ersten Ölkrise stark gestiegen waren. Zugleich warnten die Volkswirte der Commerzbank in einer am Freitag veröffentlichten Analyse, dass das aktuell starke Wachstum der Geldmenge im Euroraum langfristige Inflationsgefahren berge – die die Europäische Zentralbank (EZB) nicht leichtfertig abtun solle.

Das Thema Inflation erhitzt immer stärker die Gemüter in Deutschland und hat auch die im Wahlkampf steckende Bundespolitik erreicht. Seit Jahresbeginn hat die Teuerung insbesondere in Deutschland, aber auch im Euroraum insgesamt, deutlich und stärker als erwartet angezogen. In Deutschland lag die Inflationsrate im Juli gemäß EU-Berechnung bei 3,1% und in nationaler Rechnung sogar bei 3,8%. Für den Jahresverlauf scheinen bis zu 5% denkbar. Im Euroraum lag die Teuerung bei 2,2% – mit Tendenz Richtung 3%. Die EZB betrachtet das als temporär, weshalb sie keine Abkehr von ihrer ultralockeren Geldpolitik erwägt. Zweifel und Kritik daran nehmen aber zu.

Grund für die Zweifel ist nicht zuletzt der zunehmende Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen. Das gilt insbesondere für die Erzeugerpreise. Die deutschen Produzentenpreise legten nun im Juli mit 1,9% zum Vormonat und 10,4% zum Vorjahr stärker zu als von Volkswirten erwartet. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich 9,2% erwartet – nach 8,5% im Juni. Neben Energie verteuerten sich vor allem Vorprodukte wie Holz und Stahl. Zwar ist unklar, wie stark sich das am Ende in den Konsumentenpreisen niederschlägt. Die Sorgen nehmen aber zu.

„Der Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen der Wirtschaft wird immer eklatanter und rüttelt zunehmend an der von Finanzmärkten und Notenbanken weithin akzeptierten Erzählung, dass ansteigende Inflationsraten lediglich ein temporäres Phänomen darstellen“, sagte am Freitag etwa Elmar Völker, Analyst bei der LBBW. „Je länger der Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen derart hoch bleibt, desto mehr steigt die Gefahr, dass dieser auch nachhaltig auf die Konsumentenpreisebene überspringt.“ Am Donnerstag hatte die deutsche Industrie in einer DIHK-Umfrage Preisalarm geschlagen: Die anhaltenden Lieferkettenprobleme führten zu Preisschüben, die kein kurzfristiges Phänomen seien.

Auch die Commerzbank schürte am Freitag die Inflationsdebatte – und übte dabei Kritik an der EZB. Die stark steigende Geldmenge M3 signalisiere auf lange Sicht eine deutlich höhere Inflation, schrieb Volkswirt Michael Schubert in einer Analyse. Es sei falsch, dass die EZB M3 als Inflationsindikator ad acta gelegt habe. M3 hatte wegen der billionenschweren Anleihekäufe der EZB in der Coronakrise zeitweise mit zweistelligen Wachstumsraten zugelegt. Im Juni lag das Plus noch bei 8,3%. Die EZB hat die Bedeutung der Geldmenge in ihrer kürzlich beschlossenen neuen geldpolitischen Strategie aber deutlich heruntergeschraubt.

Commerzbank-Volkswirt Schubert räumt in seiner Analyse zwar ein, dass sich die Korrelation zwischen Geldmenge und Inflation abgeschwächt habe. M3 sage über den langfristigen Trend der Inflation aber noch immer eine Menge aus. So hätten in den vergangenen Jahren veröffentlichte Prognosen der Commerzbank, die auf M3 basierten, den tatsächlichen Inflationstrend besser beschrieben als zeitgleich veröffentlichte EZB-Projektionen. „Auf lange Sicht dürfte sich eine anhaltende Geldflut in einer deutlich höheren Inflation entladen“, so Schubert.