Euro-Konjunktur

Neue Nahrung für Inflationsdebatte

Die Inflation im Euroraum hat zu Jahresbeginn spürbar zugelegt. Die EZB beschwichtigt bislang und spricht von einem temporären Phänomen. Die Daten auf vorgelagerten Preisstufen schüren aber Zweifel.

Neue Nahrung für Inflationsdebatte

ms/ba Frankfurt

Die Inflationsdebatte im Euroraum hat neue Nahrung erhalten. Zum einen wurde am Mittwoch bekannt, dass die Erzeugerpreise im März um 4,3% gegenüber Vorjahr zugelegt haben. Das Plus liegt nicht nur viel höher als im Vormonat mit 1,5%, es ist sogar die höchste Rate seit Ende 2018. Zum anderen untermauerten die endgültigen Daten der Einkaufsmanagerumfragen die Erwartung einer spürbaren Erholung der Euro-Wirtschaft nach Überwindung der Coronakrise – samt zunehmendem Preisdruck.

Vorgelagerte Preisstufen

Die Inflation im Euroraum hat zu Jahresbeginn spürbar und auch deutlich stärker als erwartet zugelegt. Zwischen Dezember 2020 und April 2021 kletterte die Teuerungsrate von −0,3% auf 1,6%. Das hat eine Diskussion über ein Comeback der Inflation ausgelöst. Die Europäische Zentralbank (EZB) argumentiert bislang, dass der Inflationsanstieg temporär ist und deswegen keinen Grund darstellt, von der ultralockeren Geldpolitik abzukehren. Die Entwicklung auf den vorgelagerten Preisstufen lässt es aber zunehmend fraglich erscheinen, dass die Preise nur von Einmaleffekten getrieben werden. Bei vielen Gütern wie Halbleitern, Holz oder Plastik herrscht zudem Knappheit – was die Preise treibt.

Für die EZB ist das ein zweischneidiges Schwert. Einerseits strebt sie seit Jahren danach, mehr Inflation zu kreieren, weil die Teuerung schon lange unterhalb ihres Inflationsziels von knapp 2% liegt. Andererseits sorgt der jüngste Inflationsanstieg auch dafür, dass die Anleiherenditen deutlich zugelegt haben. Die Euro-Hüter wollen aber eine übermäßige Verschärfung der Finanzierungskosten für die Euro-Wirtschaft vermeiden. Im März hatten sie deshalb erst das Tempo ihrer Corona-Notfallanleihekäufe (PEPP) zeitweise erhöht.

Die Entwicklung der Erzeugerpreise bestätigt nun den Trend zu höheren Preisen auf den vorgelagerten Preisstufen. Deutlich teurer als ein Jahr zuvor war vor allem Energie, deren Preis um 10,3% stieg. Daneben waren vor allem Vorleistungsgüter teurer; ihr Preis erhöhte sich um 4,4%. Die Erzeugerpreise fließen zeitverzögert in die Verbraucherpreise ein. In welchem Ausmaß das geschieht, ist aber unklar und unter Ökonomen durchaus umstritten.

Einen weiteren Beleg für steigende Kosten im Industrie- und Servicesektor lieferten die endgültigen Daten der Einkaufsmanagerumfrage: „Die Belebung der Wirtschaft bringt einen zunehmenden Inflationsdruck mit sich“, konstatierte Chris Williamson, Chefvolkswirt von IHS Markit. In der Industrie legten die Kosten im April so kräftig zu wie zuletzt vor zehn Jahren. Teilweise konnten diese wegen des guten Marktumfelds in Form höherer Verkaufs- oder Angebotspreise an die Kunden weitergegeben werden, wodurch diese „unterm Strich so stark angehoben wurden wie seit Februar 2018 nicht mehr“, wie IHS Markit mitteilte. Im Servicesektor legten die Kosten so stark zu wie seit 15 Monaten nicht. Angesichts des scharfen Wettbewerbs fiel die Anhebung der Angebotspreise allerdings mager aus.

Williamson erwartet, dass die Eurozone im laufenden zweiten Quartal die erneute technische Rezession aus dem Winterhalbjahr hinter sich lassen wird. Der Dienstleister und Industrie zusammenfassende Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite legte im April um 0,6 auf 53,8 Punkte zu (siehe Grafik). In der Erstschätzung war noch ein Wert von 53,7 Zählern ermittelt worden. Der Index signalisiert damit nicht nur das stärkste Wirtschaftswachstum der Eurozone seit vergangenem Juli, sondern notiert damit auf dem zweithöchsten Wert seit mehr als zweieinhalb Jahren. Sowohl in der Industrie als auch bei den stark unter den Corona-Be­schränkungen leidenden Dienstleistern besserte sich die Stimmung. Laut Williamson gab es „Anzeichen, dass der Servicesektor nun ebenfalls wieder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt ist“.

Allerdings klaffte die Entwicklung auf Länderebene deutlich ausein­ander: „Während die Geschäfte in Spanien florierten, vermeldeten Deutschland und Italien Einbußen.“ In Frankreich habe es ein Miniwachstum gegeben.