Neue Runde im Streit um Fiskalregeln
ahe Brüssel
In der Debatte um eine Reform der europäischen Fiskalregeln sind weiter keine raschen Verständigungen unter den EU-Staaten absehbar. Zum Auftakt von zweitägigen Beratungen der EU-Finanzminister in Brüssel lagen die Positionen erneut weit auseinander. Während sich der österreichische Ressortchef Gernot Blümel zum Auftakt erneut als Sprecher einer stabilitätsorientierten Gruppe präsentierte, die jede Aufweichung der Haushalts- und Schuldenregeln ablehnt, forderte sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire, die Regeln neu zu definieren. Das derzeitige Schuldenlimit sei „obsolet“, betonte er.
Blümel sagte hingegen, es gehe um die Frage, ob es weitere Ausnahmen geben solle, um zusätzliche Schulden machen zu können. „Wir sind dagegen“, betonte er. Österreich hatte bereits vor einigen Wochen eine „Allianz der Verantwortung“ zusammen mit acht weiteren Ländern gegründet, die vor allem den Schuldenabbau fordert. „Das ist wichtig, um auch Spielräume für die nächste Krise zu haben.“
Wiener Plädoyer für Lindner
Blümel verwies in diesem Zusammenhang auch auf die laufenden Koalitionsverhandlungen in Berlin und äußerte die Hoffnung, dass FDP-Chef Christian Lindner neuer deutscher Finanzminister wird. Von allen Kandidaten sei der FDP-Chef derjenige, der die „traditionelle deutsche Grundhaltung“ in der Frage der fiskalischen Stabilität und Nachhaltigkeit vertrete, sagte er. Und dies sei eine Frage, die für ganz Europa wichtig sei.
Am Montag berieten die Finanzminister zunächst im Rahmen der Eurogruppe über die Reform der Haushaltsregeln. Dabei ging es zunächst lediglich darum, die Aspekte in der Debatte herauszufiltern, die besonders für die Euro-Länder wichtig sind. Am Dienstag folgt der zweite Teil der Debatte im Rahmen des EU-Finanzministertreffens (Ecofin). Für Deutschland nimmt Finanzstaatssekretär Jörg Kukies an den Treffen teil. Es sind die ersten offiziellen Aussprachen, nachdem die EU-Kommission Ende Oktober eine öffentliche Konsultation gestartet hatte, in der sich bis Jahresende alle Stakeholder äußern können.
Auf dem Tisch liegen bereits diverse Vorschläge. Der einflussreiche Brüsseler Thinktank Bruegel hatte im September einen „grünen Fiskalpakt“ angeregt, in dem Klimaschutzinvestitionen aus den Haushaltsregeln ausgenommen werden. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) hatte eine Anhebung der Verschuldungsobergrenze von 60% auf 100% des Bruttoinlandsprodukts vorgeschlagen. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte am Montag vor Beginn der Eurogruppe, man müsse den Umgang mit den aktuell hohen Schuldenständen „in einer wachstumsfreundlichen Art und Weise“ regeln und dabei dem hohen Bedarf an öffentlichen Investitionen gerecht werden. Gentiloni zeigte sich optimistisch, dass es gelingen wird, einen effizienten neuen Rahmen für die Fiskalregeln zu schaffen.
Eine Einigung wird allerdings erst im späteren Verlauf des Jahres 2022 angestrebt. Dies sei nun „der Beginn einer langen Reise“, sagte ein hochrangiger EU-Beamter in Brüssel. Die aktuellen Haushaltsregeln sind noch bis Anfang 2023 ausgesetzt.