Paris schiebt Schuldenabbau wegen Inflation auf
Pariser Fiskalpolitik
Frankreichs Schuldenabbau muss warten
Ratingagenturen und Brüssel beäugen Haushaltsentwurf kritisch
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Gesche Wüpper, Paris
Frankreichs Regierung steht nach der Vorstellung des Haushaltsentwurfs 2024 unter Druck. Da sie im Parlament keine absolute Mehrheit hat, muss sie bangen, bei einer Abstimmung eine Niederlage zu erleiden. Deshalb könnte sie erneut auf Artikel 49.3 der Verfassung zurückgreifen und ihn ohne Abstimmung auf den Weg bringen.
Gleichzeitig beobachten Brüssel und Ratingagenturen wie Standard & Poor’s, ob es der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone gelingt, den von Präsident Emmanuel Macron während der Coronakrise verfolgten „Was immer es koste“-Kurs zu beenden. Ihr Augenmerk richtet sich deshalb auf den Abbau der hohen Staatsverschuldung und des Defizits.
Der Haushaltsentwurf von Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und Haushaltsminister Thomas Cazenave sieht jedoch nur eine moderate Senkung der Ausgaben vor. Er basiert auf einer Wachstumsprognose von 1,4% und ähnelt der Quadratur des Kreises. Denn mit ihm will Paris nicht nur die Folgen der hohen Inflation abmildern und Zukunftsinvestitionen tätigen, sondern auch Schulden und Defizit senken.
Zinsen lassen Schuldenlast steigen
Der Zinsanstieg macht die Aufgabe nicht leichter. So dürfte die Schuldenlast 2024 von zuletzt 51,7 Mrd. Euro auf 52,2 Mrd. Euro steigen, 2027 dann sogar auf mehr als 70 Mrd. Euro. Die Regierung will nächstes Jahr 285 Mrd. Euro an den Kapitalmärkten leihen, ein Rekord.
Ihr Haushaltsentwurf sieht Einsparungen in Höhe von 16 Mrd. Euro vor, um das Defizit 2024 von 4,9% in diesem Jahr auf 4,4% zu senken. Allerdings hält der Hohe Rat für Finanzen das Defizitziel für zu optimistisch. Beim Defizitabbau helfen soll das Auslaufen der Ende 2021 eingeführten Energiepreis-Deckelung und der Hilfen für besonders energieintensive Unternehmen. Die Ausgaben sollen um 5 Mrd. Euro auf insgesamt 491 Mrd. Euro sinken.
Es sind jedoch auch zusätzliche Ausgaben von 7 Mrd. Euro für den ökologischen Wandel geplant. Neue Steuergutschriften für die „grüne Industrie“ sollen die Reindustrialisierung fördern. Sie dürften 500 Mill. Euro kosten, während eine neue Steuer auf Autobahn- und Flughafenkonzessionen 600 Mill. Euro bringen soll. Dazu kommen Prämien für energetische Renovierungen und Elektrofahrzeuge.
Erinnerungen an die Gelbwesten
Den Maßnahmen zur Abmilderung der Inflation ist anzumerken, dass die Regierung die Gelbwesten-Proteste des Winters 2018/19 nicht vergessen hat. Deshalb plant sie einen Scheck über 100 Euro für einkommensschwache Haushalte, die auf ein Auto für den Weg zur Arbeit angewiesen sind. Zudem sollen Renten und Sozialhilfen angehoben werden.
Den Einzelhändlern wiederum hat die Regierung abgerungen, Kraftstoffe bis Ende diesen Jahres zum Selbstkostenpreis zu verkaufen. Die Energiemärkte will sie demnächst neu ordnen, um wieder die Kontrolle über die Strompreise zu übernehmen.