Konjunktur

Peking lanciert neues Stimuluspaket

Chinas Regierung setzt auf eine neue Welle von Infrastrukturausgaben, um die geschwächte Konjunktur zu stabilisieren. Analysten sehen darin allerdings keine entscheidende Wende für Chinas Wachstumsperformance.

Peking lanciert neues Stimuluspaket

nh Schanghai

Ein neues Maßnahmenpaket von Chinas Regierung soll der in diesem Jahr vor allem durch harte Corona-Restriktionen und Probleme am Immobilienmarkt ge­schwächten Wirtschaft neuen Schwung verleihen. In einer Ankündigung des von Premierminister Li Keqiang angeführten Staatsrates werden 19 Punkte angeführt, die zu einer Wachstumsstabilisierung beitragen sollen. Dabei zeichnet sich erneut eine Schwerpunktsetzung bei staatlichen Anlageinvestitionen mit einer Ankurbelung von öffentlichen Infrastrukturprojekten ab.

Insgesamt soll das neue Ausgabenprogramm der Regierung ein zusätzliches Finanzierungsvolumen von 1 Bill. Yuan (gut 140 Mrd. Euro) umfassen, wobei Förderbankengelder und Sonderanleiheprogramme von Lokalregierungen für neue Infrastrukturprojekte im Vordergrund stehen. Chinas Entwicklungsbank und die beiden zentralstaatlichen Förderbanken für Landwirtschaft und Außenhandel sollen weitere 300 Mrd. Yuan für Infrastrukturinvestitionen und andere Entwicklungsprogramme mobilisieren. Zudem sollen chinesische Lokalregierungen aus einem von der Zentralregierung ausgelobten und noch nicht angetasteten Kontingent für Sonderanleihen 500 Mrd. Yuan einsammeln und für Infrastrukturausgaben einsetzen.

Weitere 200 Mrd. Yuan beziehen sich auf Anleiheprogramme für staatliche Energieunternehmen, die mit den neuen Mitteln vor allem die Energieversorgung von Unternehmen und Haushalten sichern sollen. Letzteres ist in den vergangenen Wochen zu einem großen Thema geworden, nachdem eine mehrmonatige Hitzewelle zu Engpässen bei der Stromversorgung in einigen Regionen wie der Provinz Sichuan und entlang des China durchquerenden Jangtse. Daraus resultierende Produktionsbehinderungen dürften Chinas Industrieoutput im August negativ erfassen und die erhoffte Erholung im verarbeitende Gewerbe nach der Lockdown-Phase im Frühjahr weiter kompromittieren.

Die Pekinger Regierung war von schwachen Leistungsdaten für Industrie und Einzelhandel im Juli alarmiert worden, die gegen die vom Staat bislang propagierte These einer kräftigen wirtschaftlichen Aufholjagd in der zweiten Jahreshälfte sprechen. Im zweiten Quartal war das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Zuge harter Lockdowns in Schanghai und anderen Großstädten auf 0,4% zusammengeschrumpft. Das bedeutet die überhaupt zweitschwächste Performance in einem Quartal, die nur vom Konjunktureinbruch zu Beginn der Corona-Pandemie im Winter 2020 übertroffen wird.

Analysten betonen, dass das praktisch rein auf Infrastrukturinvestitionen abzielende Stimulierungsprogramm wenig dazu beitragen wird, die Wachstumskräfte im weiteren Jahresverlauf signifikant anzuregen. Nach wie vor sorgt die mit massiven Restriktionen einhergehende „Nulltoleranzpolitik“ in Sachen Corona für Verwerfungen auf regionaler Ebene und ein insgesamt schwer angegriffenes Konsumklima und Investitionsvertrauen. Hinzu kommt die Verschuldungskrise bei chinesischen Immobilienentwicklern mitsamt stark gedrückter Wohnungsmarktaktivität, die den Immobiliensektor seiner klassischen Wachstumstreiberfunktion beraubt. China-Ökonomen rechnen damit, dass Chinas BIP-Wachstum in diesem Jahr nur wenig über 3% hinauskommt und damit auch das Wachstumsziel der Regierung bei 5,5% erstmals verfehlen wird.

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