Peking verzichtet auf Zinsimpuls
nh Shanghai
Trotz heftigen konjunkturellen Gegenwinds und akuter Beeinträchtigungen der Wirtschaftsaktivität durch harte Lockdown-Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung hält sich Chinas Zentralbank von Zinslockerungen fern. Bei der monatlichen Anpassung der chinesischen Loan Prime Rate (LPR) als wichtigster Orientierungsmarke für Zinskonditionen bei Unternehmens- und Hypothekenkrediten kam es am Mittwoch zu keiner Bewegung. Damit verharrt die einjährige LPR als Benchmark für Unternehmenskreditvergaben chinesischer Banken bei 3,7%, während der für Hypothekendarlehen maßgebliche Referenzsatz in der fünfjährigen Laufzeit unverändert auf 4,6% steht.
Die Loan Prime Rate gilt seit ihrer Einführung im Herbst 2019 als de facto Benchmark für Unternehmens- und Realkreditkosten und wird zu jedem 20. eines Monats im Kreis von 18 chinesischen Großbanken als Renditeaufschlag auf den Refinanzierungssatz der Zentralbank für einjährige Gelder im Rahmen der Medium-term Loan Facility (MLF) bestimmt. Trotz des „marktgesteuerten“ Zinsfixing bleibt die People’s Bank of China (PBOC) Herr des Verfahrens und sorgt dafür, dass sich die LPR und der MLF-Zins praktisch nur im Tandem bewegen.
Am vergangenen Freitag hatte die PBOC zur Enttäuschung der Marktteilnehmer die von ihr eigenständig bestimmte MLF-Zinsrate bei 2,85% belassen und dabei auslaufende Gelder der MLF-Fazilität nur gleichwertig ersetzt, also auf eine zusätzliche Injektion von Zentralbankgeld in den Kreislauf verzichtet. Das Gros der Analysten hatte hingegen eine Rücknahme um 10 oder zumindest 5 Basispunkte und einen begleitenden Liquiditätseinschuss über 100 Mrd. Yuan (gut 14 Mrd. Euro) erwartet.
Anleger verschnupft
Trotz der Passivität bei der Zentralbankgeldsteuerung hatten Marktbeobachter die Hoffnung geäußert, dass die Notenbank auf das Zinsfixing der Kreditinstitute Einfluss nehmen würde, um eine kleine Senkung der LPR anzustoßen, und so zur Aufhellung der Marktstimmung und Anregung der Kreditnachfrage seitens kleinerer und mittlerer Unternehmen beizutragen. Zwar hatte die PBOC am Wochenende eine neuerliche Senkung der Mindestreservesätze für Geschäftsbanken angekündigt, allerdings wird diese Maßnahme zur Freisetzung von bei der Zentralbank geparkter Liquidität und damit der Schaffung zusätzlicher Kreditvergabespielräume erst am 25. April wirksam. Damit gab es auch keinen unmittelbaren Anreiz für ein „Entgegenkommen“ der Banken bei der Abstimmung der Benchmark für Unternehmens- und Realkreditkosten in diesem Monat.
An den chinesischen Festlandbörsen hat die beharrliche Zurückhaltung der chinesischen Zentralbank bei der tatsächlichen Umsetzung eines mehrfach versprochenen geldpolitischen Lockerungskurses als Beitrag zur Konjunkturunterstützung erneut Verstimmung ausgelöst. So gab der Leitindex CSI 300 am Mittwoch um 1,5% nach. Bereits am Vortag hatte der Markt etwas verschnupft auf einen „Vorschlagskatalog“ der PBOC reagiert, mit dem die Währungshüter indirekt auf Banken und andere Finanzakteure einzuwirken versprechen, um die negativen Wirtschaftsfolgen der chinesischen Corona-Restriktionen zu lindern und die Kreditvergabeaktivität an kleine und mittlere Unternehmen zu reaktivieren. Damit deutet die PBOC nämlich an, dass sie sich gegenwärtig nicht in einer aktiven Rolle sieht, um mit eigenen monetären Impulsen Pandemiehilfe zu leisten.