Preiserhöhungen treiben deutsche Exporte
rec Frankfurt
Preiserhöhungen auf breiter Front haben der deutschen Exportwirtschaft im ersten Halbjahr ein sattes Plus beschert. Zum Abschluss des zweiten Quartals legten die Ausfuhren laut Statistischem Bundesamt im Juni um weitere 4,5% gegenüber Mai zu. Mit dem dritten Zuwachs in Serie summieren sich die Exporte im ersten Halbjahr auf kalender- und saisonbereinigte 754,2 Mrd. Euro – 13% mehr als im gleichen Zeitraum vor einem Jahr.
Angesichts dieser Zahlen schlagen Ökonomen bemerkenswert skeptische Töne an. Hintergrund: Es handelt sich um nominale Werte, die von stark angehobenen Preisen getrieben sind. „Preisbereinigt dürfte vom Exportzuwachs weniger übrig bleiben“, sagte der Chefökonom der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger. Sein Kollege Thomas Gitzel von der VP Bank empfiehlt deshalb „Obacht beim Lesen der guten Exportzahlen“: De facto habe der Außenbeitrag das Wachstum von April bis Juni gedämpft. „Der Außenhandel ist aktuell eine Wachstumsbelastung“, so Gitzel.
Auch bei Industrieverbänden ist deutlich Pessimismus zu spüren. Für Dirk Jandura, Chef des Außenhandelsverbands BGA, sind die Zahlen „mit Vorsicht zu genießen, da sie durch die Euro-Schwäche und den Preisanstieg verzerrt sind“. Carolin Herweg, Außenwirtschaftsexpertin des Industrieverbands DIHK, sekundiert: „Lieferkettenstörungen und hohe Kosten für Energie, Rohstoffe und importierte Vorleistungen behindern weiterhin die Produktion, auch in der exportorientierten deutschen Industrie.“
Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte wird die Stimmung unter den Exporteuren derweil schlechter. Die vom Ifo-Institut monatlich ermittelten Exporterwartungen sind im Juli knapp unter die Nulllinie gefallen. Das heißt: Positive und negative Erwartungen mit Blick auf die nächsten Monate halten sich die Waage.
Handelsbilanz dreht wieder
Bei wichtigen Exportpartnern in USA, China und Eurozone kühle die Konjunktur ab, das dämpfe die Nachfrage, gibt Herweg zu bedenken. „Darüber kann das Wachstum der Ausfuhren im Juni nicht hinwegtäuschen.“ Jandura sorgen vor allem die unsicheren Aussichten in China mit Blick auf die dortige Corona-Lage. Die auf Monatssicht rückläufigen Importe aus China (−3,9%) verdeutlichten, „dass bei einem Festhalten der chinesischen Regierung an der Null-Covid-Strategie auch mittelfristig nicht mit einer Entspannung der Lieferbeziehung zu rechnen ist“. Nirgendwo beziehen deutsche Unternehmen so viele Produkte wie in China.
Im Zuge dessen dreht die deutsche Handelsbilanz wieder deutlich ins Plus, nachdem sie zwischenzeitlich zum ersten Mal seit anderthalb Jahrzehnten nahezu ausgeglichen war. Zwar wuchsen im Juni die Importe den fünften Monat nacheinander, aber nur minimal um 0,2%. Damit stand ein Überschuss von 6,4 Mrd. Euro zu Buche (siehe Grafik).