Produktion und Exporte lassen Wachstum erwarten
ba Frankfurt
Das erste Quartal endet für weite Teile der deutschen Wirtschaft versöhnlich. Im März haben die Exporte kräftig zugelegt, und die Industrie, die derzeit massiv unter Materialknappheiten zu leiden hat, hat die Produktion deutlich ausgeweitet. Angesichts der guten Unternehmensstimmung, zulegender Industrieaufträge, fortschreitender Impfungen und der Aussicht auf Lockerungen dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal wieder deutlich zulegen. Zum Jahresstart war das Bruttoinlandsprodukt um 1,7% eingebrochen.
Laut vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) stieg die Gesamtfertigung von Industrie, Bau und Energieversorgern um 2,5% zum Vormonat. Ökonomen hatten im Schnitt mit einem etwas geringeren Plus von 2,2% gerechnet, nach dem Rückgang um revidiert 1,9% (zuvor: 1,6) im Februar. Im Vorjahresvergleich hat sich den Wiesbadener Statistikern zufolge ein Zuwachs von 5,1% ergeben. Im Vergleich zu Februar 2020, dem letzten von der Coronakrise unbelasteten Monat, lag die Produktion noch 4,3% niedriger.
Ökonomen werteten die Zahlen nur auf den ersten Blick uneingeschränkt positiv, wenn sie auch für die kommenden Monate weiter optimistisch sind. Denn den größten Anteil an der höheren Fertigung hatte die Bauproduktion. Deren Plus von 10,8% war temperaturbedingt, nachdem zu Jahresbeginn die vergleichsweise kalte Witterung gebremst hatte. Die Energieerzeugung fiel 2,4% höher aus als im Vormonat. Die Industrie im engeren Sinn weitete die Fertigung mit 0,7% „eher unterdurchschnittlich“ aus, wie LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch sagte. Dies erkläre sich aber „angesichts der anekdotischen Evidenz über Kurzarbeit aufgrund von Engpässen für Mikrochips in der Automobilindustrie“. Mit den mangelnden Vorprodukten ließe es sich auch erklären, dass der Lkw-Maut-Index im April um 1,6% zum Vormonat gesunken ist – allerdings liegt der Index, der eng mit der Industrieproduktion zusammenhängt, damit immer noch 3,2% über dem Jahresdurchschnitt vor der Krise, gemessen an den Monaten März 2019 bis Februar 2020.
Laut einer Ifo-Umfrage bremst derzeit bei 45% der Unternehmen – und damit so vielen wie noch nie – Materialknappheit die Produktion. „Mit einer nachhaltigen Überwindung dieser Probleme ist vorerst nicht zu rechnen“, erwartet Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Die Industrieproduktion werde wohl noch einige Zeit niedriger ausfallen, als es angesichts der Auftragslage eigentlich zu erwarten wäre. Im März hatten die Aufträge um 3,0% zugelegt (vgl. BZ vom 7. Mai). Die Fertigung wollen dennoch nahezu alle Branchen ausweiten, wie eine weitere Ifo-Umfrage zeigt. Der entsprechende Indikator kletterte im April um 2,9 auf 33,1 Punkte und damit den höchsten Stand seit 1991. „Die Auftragsbücher füllen sich, und es gibt immer noch Nachholbedarf nach dem Krisenjahr“, sagt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.
Rund läuft es derweil für die deutschen Exporteure. Die Warenausfuhren von 126,5 Mrd. Euro liegen um 16,1% über dem Vormonat. Destatis zufolge ist dies ein Rekord für einen einzelnen Monat – ebenso wie bei den Importen, die mit 105,9 Mrd. Euro um 15,5% zum Februar zulegten. Dass es die deutsche Exportwirtschaft trotz holpriger Produktion schaffe, stetig Waren in den Versand zu bringen, zeige einmal mehr, dass Deutschland im gegenwärtigen Umfeld eines anziehenden Welthandels zu den Gewinnern zähle, kommentierte VP-Bank-Chefökonom Thomas Gitzel das elfte Exportplus auf Monatsbasis in Folge.
Anton F. Börner, Präsident des Außenhandelsverbands BGA, strich die „starke Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität im Umgang mit Herausforderungen“ der deutschen Unternehmen heraus. Trotz der enormen Aufholjagd des deutschen Außenhandels mahnte er allerdings auch vor ernst zu nehmende Risiken – etwa den großen Verwerfungen in der internationalen Seefracht, die sich in einer Container-Knappheit und hohen Frachtpreisen niederschlagen.