Regierung will Wachstumsbremse Fachkräftemangel angehen
Regierung will bei Ausbildung ansetzen
Wachstumsbremse Fachkräftemangel – IW: 128.000 fehlen in Digitalisierungsberufen
ba Frankfurt
Der Arbeits- und Fachkräftemangel gilt zunehmend als eine der zentralen Stellschrauben, um Wachstum und Wohlstand in Deutschland zu sichern. Die Lösungsansätze sind klar: Aus- und Weiterbildung, weniger Teilzeit, eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen, Ältere länger im Job zu halten, Inklusion, Digitalisierung und qualifizierte Zuwanderung. Auf einem eintägigen Fachkräfte-Kongress hat die Bundesregierung mit Verbänden, Unternehmen und Ausbildungseinrichtungen diskutiert.
Zu viele junge Menschen ohne Abschluss und Ausbildung
"Es geht darum, dass Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel nicht zur dauerhaften Wachstumsbremse für Deutschland werden", sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) laut Reuters. Deutschland sei mit der Rekordzahl an 46 Millionen Erwerbstätigen "schon ein fleißiges Land". Aber bis 2035 fehlten 7 Millionen Fach- und Arbeitskräfte. Erster Ansatzpunkt ist für ihn daher die Ausbildung. Jeder junge Mensch solle die Chance auf einen Berufseinstieg haben. Es gebe aber 1,6 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne berufliche Erstausbildung. Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sagte, jedes Jahr verließen 45.000 junge Leute die Schulen ohne Abschluss. Daher unterstütze die Bundesregierung mit dem Startchancenprogramm in Milliardenhöhe rund 4.000 Schulen.
128.000 Fachkräfte in Digitalisierungsberufen fehlen
Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) fehlen bis 2027 allein in Digitalisierungsberufen 128.000 Fachkräfte – obwohl die Zahl der in diesen Berufen Beschäftigten bis dahin um knapp 14% auf mehr als 3 Millionen steigen dürfte. Im bisherigen Rekordjahr 2022 lag die Fachkräftelücke bei den Digitalisierungsberufen, wie Informatiker, Elektroniker, Elektroingenieure oder technische Systemplaner, bei 123.000. Neben Berufsbildung und der Umschulung älterer Arbeitnehmer empfehlen auch die Kölner Wirtschaftsforscher qualifizierte Zuwanderung.
„Fachkräfte in Digitalisierungsberufen sind weltweit begehrt, weshalb wir es ihnen so einfach wie möglich machen sollten, sich für Deutschland zu entscheiden“, so Studienautor Alexander Burstedde. „Dafür braucht es eine stärkere Serviceorientierung, vor allem bei Bürokratie, Wohnungssuche und Integration. Staat, Arbeitgeber und Gesellschaft, alle sind gefragt.“ Mit Blick auf das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz betonte Heil, die bürokratischen Hürden müssten auch in der Praxis wegkommen. Außenministerin Annalena Baerbock habe zugesagt, dass bis zum 1. Januar 2025 die Visa-Verfahren für Erwerbseinwanderung digitalisiert würden.
"Uns fehlen die Hände und Köpfe", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Der Arbeitskräftemangel dämpfe sehr klar die Wachstumsaussichten der Wirtschaft. Die Arbeitskräftesicherung werde perspektivisch die entscheidende Frage sein, ob Deutschland wächst und ob der Wohlstand im Lande sich mehren kann beziehungsweise erhalten werden kann. Hunderttausende von Stellen und Ausbildungsplätze seien bereits offen und es würden in Zukunft eher mehr.
Duale Ausbildung als "Türöffner"
Der Grünen-Politiker warb dafür, berufliche Ausbildung und Studium als gleichwertig zu behandeln. "Zwischen Handarbeit und Kopfarbeit, zwischen einem Ausbildungsgang und einem Studienlehrgang, da ist keine gesellschaftliche Ab- oder Aufwertung festzustellen", zitiert Reuters Habeck. Viele Auszubildende hätten im Gespräch beschrieben, "dass sie in ihrem Leben mit den Ausbildungsvergütungen nicht mehr klarkommen, dass es an Wohnraum mangelt, dass es zu wenig öffentliche Infrastruktur zu den Berufsschulen gibt". Stark-Watzinger wiederum betonte die Möglichkeit der dualen Ausbildung. "Das ist ein toller Türöffner in einen beruflichen Lebensweg", sagte die FDP-Politikerin.