Schatzkanzler Hunt schielt auf Kapitalertragsteuer
hip London
Der britische Schatzkanzler Jeremy Hunt hat einen Versuchsballon gestartet. Wie aus seinem Ministerium an britische Medien durchgestochen wurde, plant man dort eine Erhöhung der Kapitalertragsteuer und der Besteuerung von Dividenden. Am 17. November will Hunt dem Unterhaus seinen Haushaltsentwurf (Autumn Statement) vorlegen. Er braucht dringend Einnahmen, um ein derzeit auf 50 Mrd. Pfund beziffertes Loch in den öffentlichen Finanzen zu stopfen.
Die Übergewinnsteuer (Windfall Tax) von 25 %, mit der Rishi Sunak – damals noch Boris Johnsons Schatzkanzler – im Mai die Öl- und Gasbranche belegte, bringt weniger Einnahmen als erwartet. Im Schatzamt hatte man für dieses Jahr mit 7 Mrd. Pfund und für 2023 mit 10 Mrd. Pfund gerechnet. Dem Statistikamt ONS zufolge wurden bis Ende September aber lediglich 2,8 Mrd. Pfund eingesammelt. Es müssten also noch 4,2 Mrd. Pfund zusammenkommen, um das Ziel zu erreichen. Nachdem die Ölkonzerne BP und Shell zuletzt hohe Gewinne zeigten, wächst der Druck auf Hunt, bei der Übergewinnsteuer nachzulegen. Allerdings zahlen Unternehmen, die in der Nordsee Öl fördern, bereits 65 % (einen erhöhten Steuersatz von 40 % plus die Übergewinnsteuer), wenn sie keine Investitionen verrechnen können.
Wie der „Telegraph“ berichtet, werden bei der Kapitalertragsteuer nicht nur Änderungen am Steuersatz erwogen, sondern auch an den Freibeträgen für Kleinanleger. Derzeit können sie bis zu 2 000 Pfund an Dividenden steuerfrei einnehmen. Sunak hatte zuvor überlegt, die Kapitalertragsteuer an die Einkommensteuer anzugleichen. Davon versprach man sich im Schatzamt Einnahmen von 16 Mrd. Pfund. Maßnahmen zur Stützung des Wohnimmobilienmarkts seien nicht geplant, berichtet das Blatt, auch kein neues Hilfsprogramm für Menschen, die mit ihren Hypothekenraten in Verzug geraten.
Private Vermieter stehen unter Druck, erklärte Chris Rhodes, der Finanzchef der Nationwide Building Society, Unterhausabgeordneten. Fast zwei Drittel ihrer Festzinshypotheken werden bis Ende 2024 fällig. Die Zinsen sind von 4,47 % Anfang September auf mittlerweile 6,75 % gestiegen und können nicht abgesetzt werden. Es sei derzeit „kaum profitabel, wenn nicht verlustträchtig“, eine neue Immobilie zur Vermietung zu erwerben.