1,5% weniger Aufträge für die deutsche Industrie

Schiffe sorgen für Schwankungen in der deutschen Industrie

Die Entwicklung der Großaufträge im Schiffbau und die Nachfrageschwäche im Inland haben der deutschen Industrie im Oktober ein Auftragsminus beschert. Zudem gab es in den Leitbranchen Maschinenbau und Automobil deutliche Rückgänge.

Schiffe sorgen für Schwankungen in der deutschen Industrie

Schiffe sorgen für Schwankungen

Weniger Neuaufträge für die deutsche Industrie − Schwache Nachfrage aus dem Inland und dem Euroraum

Die Entwicklung der Großaufträge im Schiffbau und die Nachfrageschwäche im Inland haben der deutschen Industrie im Oktober ein Auftragsminus beschert. Zudem gab es in den Leitbranchen Maschinenbau und Automobil deutliche Rückgänge.

ba Frankfurt

Die von Großaufträgen bestimmte Achterbahnfahrt der Industrieaufträge hat sich im Oktober fortgesetzt, wenn auch mit einer etwas schwächeren Abwärtsbewegung als erwartet. Nachdem Großaufträge nicht sofort auf die Konjunktur durchschlagen, ergibt sich ohne diese volatile Größe eine Seitwärtsbewegung auf niedrigem Niveau. Eine Trendwende ist also weiter nicht in Sicht, zumal die Umsätze des verarbeitenden Gewerbes das zweite Mal in Folge nachgegeben haben und auch die wirtschaftliche Entwicklung in den Absatzmärkten von Waren „Made in Germany“ keinen Orderschub erwarten lässt.

Deutliche Aufwärtsrevision

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) fiel der Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,5% im Monatsvergleich. Ökonomen hatten allerdings mit einem kräftigeren Rückgang von 2,0% gerechnet. Zudem verlief der September besser als zunächst gemeldet: Wegen eines nachgemeldeten Großauftrags im Schiffbau kletterten die Neubestellungen um 7,2%, zuvor war ein Plus von 4,2% berichtet worden. „Auch im Oktober 2024 ist das Gesamtergebnis stark von Großaufträgen im Bereich Schiffbau geprägt“, erklärten die Wiesbadener Statistiker. Ohne diese volatile Größe ergibt sich ein Auftragsplus von 0,1%.

Inlandsnachfrage besonders schwach

Im Oktober kamen die Neubestellungen vor allem von außerhalb des Euroraums: Hier meldet Destatis einen Zuwachs von 6,3%. Insgesamt stiegen die Auslandsaufträge um 0,8%, da aus den Ländern des gemeinsamen Währungsraums 7,6% weniger Bestellungen als im Vormonat eingingen. „Die benachbarten Länder der Eurozone sind derzeit vor allem getrieben vom Dienstleistungssektor und sind für die deutsche Industrie damit keine Hilfe“, erklärte dazu Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Und die chinesische Volkswirtschaft leide unter einer zyklischen und strukturellen Schwäche, was sich auch auf die Auftragseingänge aus Fernost niederschlage.

Die Aufträge aus dem Inland fielen im Oktober um 5,3% und damit auf das niedrigste Niveau seit der Corona-Pandemie, wie DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen betont. Denn: „Angesichts der schwachen Industrie und der anhaltend schlechten Baukonjunktur halten sich die Unternehmen mit Bestellungen weiter zurück.“ Zudem bremse auch die aktuelle Phase der Unsicherheit Investitionen aus.

Trendwende außer Sicht

Von einer Trendwende wollen Ökonomen noch nicht sprechen, doch finden sie in den Oktoberzahlen auch Gutes: „Im Trend der zurückliegenden drei bis sechs Monate gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer, denn dieser weist inzwischen leicht nach oben“, urteilt LBBW-Ökonom Elmar Völker. Im weniger volatilen Dreimonatsvergleich lag der Auftragseingang zwischen August und Oktober insgesamt um 2,7% höher als in den drei Monaten zuvor. „Gleichwohl spricht die wieder schwächere Nachfrage im Oktober zusammen mit den jüngst wieder eingetrübten Stimmungsindikatoren von Ifo, S&P Global und ZEW dafür, dass eine nachhaltige konjunkturelle Trendwende in der Industrie derzeit noch nicht absehbar ist“, merkt das Bundeswirtschaftsministerium an.

Ralph Solveen von der Commerzbank betont, dass nur ein kleiner Teil des deutlichen Plus aus dem Vormonat verloren gegangen sei. Auf den ersten Blick seien es „sehr gute Zahlen“. Allerdings sei „angesichts der Seitwärtsbewegung der Kerngröße für die kommenden Monate kaum mit einer höheren Industrieproduktion zu rechnen“. „Die Auftragslage zeigt klipp und klar, warum die Stimmung der Unternehmen schlecht ist“, sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Hoffnung auf eine industrielle Bodenbildung lebe zwar, sie dürfte den Kapazitätsabbau aber nicht aufhalten. „Immerhin ist es auch unsicher, ob und wie eine neue Bundesregierung der Industrie zur Seite springt.“

Leitbranchen schwächeln

Volatile Großaufträge prägen seit langem die Auftragsentwicklung − vor allem aus dem sonstigen Fahrzeugbau, zu dem etwa Schiffe, Flugzeuge, Eisenbahnen und Militärfahrzeuge zählen. Hier gab es im Oktober ein Minus von 7,0%, nach dem sehr kräftigen Wachstum von 175,7% im September. „Die insgesamt negative Entwicklung der Auftragseingänge ist auf die Rückgänge im Maschinenbau (−7,6%) und in der Automobilindustrie (−3,7%) zurückzuführen“, erklärten die Statistiker weiter. Zuwächse gab es hingegen in den Bereichen Metallerzeugung und -bearbeitung (10,2%) und Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (8,0%).

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.