Geldpolitik

Schnabel befeuert Debatte über EZB-Zinskurs

Die EZB wird nach Einschätzung von Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel die Euro-Wirtschaft wohl mittels Zinserhöhungen aktiv bremsen müssen, um die rekordhohe Inflation zu bekämpfen. Das birgt Diskussionsstoff.

Schnabel befeuert Debatte über EZB-Zinskurs

ms Frankfurt

Die Europäische Zen­tralbank (EZB) wird nach Einschätzung von Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel die Euro-Wirtschaft wohl mittels Zinserhöhungen aktiv bremsen müssen, um die rekordhohe Inflation zu bekämpfen. „Wir werden die Zinsen weiter anheben müssen, wahrscheinlich in den restriktiven Bereich“, sagte Schnabel am Donnerstag bei einer Konferenz der slowenischen Notenbank in Ljubljana. Ähnlich äußerten sich auch die Zentralbankchefs Bostjan Vasle (Slowenien) und Peter Kazimir (Slowakei). Kazimir kritisierte zudem, dass die Regierungen aktuell das Inflationsproblem noch verschärften.

Die Aussagen Schnabels sind die bislang deutlichsten aus der EZB-Spitze zur Notwendigkeit restriktiver Zinsen, also eines Zinsniveaus, das die wirtschaftliche Nachfrage aktiv bremst. Seit Juli hat die EZB ihre Leitzinsen so aggressiv erhöht wie nie zuvor – um 200 Basispunkte. Im Rat herrscht Konsens, dass auf jeden Fall ein neutrales Niveau erreicht werden soll. Das ist aber nicht genau definiert. Umstritten ist indes, ob es darüber hinausgehen muss. Vor allem Notenbanker aus dem Euro-Süden argumentieren stark mit der zunehmenden Rezessionsgefahr.

Schnabel sagte nun, dass das Risiko einer Rezession im Euroraum zwar gestiegen sei. Aber: „Es besteht der Eindruck, dass, wenn es eine Rezession gibt, diese Rezession wahrscheinlich nicht sehr tief und nicht sehr lang anhaltend sein wird.“ Das bedeute, dass sie möglicherweise „nicht ausreicht, um die Inflation so stark zu senken, wie es nötig wäre, um mittelfristig zu unserem Inflationsziel zurückzukehren“, sagte sie. Die Euro-Inflation lag im Oktober bei 10,7% und damit mehr als fünfmal so hoch wie das mittelfristige EZB-Inflationsziel von 2,0%.

EZB-Ratsmitglied Kazimir kritisierte nun auch, dass die Regierungen der Eurozone ihre Ausgaben zur Unterstützung der Haushalte im Zuge der Energiekrise zu stark ausgeweitet hätten. „Die derzeit ergriffenen Maßnahmen sind oft weit entfernt von den vorübergehenden und gezielten Eingriffen, die wir gerne sehen würden“, sagte er auf der gleichen Konferenz in Ljubljana. Das derzeitige fiskalische Verhalten werde schnell zu einem Inflationsrisiko.

Marktengpässe verhindern

Unterdessen hat die EZB am Donnerstag Maßnahmen ergriffen, um einem womöglich drohenden Liquiditätsproblem bei Anleihen entgegenzuwirken. Sie hob die Obergrenze für das Einreichen von Bargeld bei der Ausleihe von Anleihen von zuvor 150 Mrd. Euro auf jetzt 250 Mrd. Euro an. „Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme, um die Knappheit von Sicherheiten zu verringern und das Funktionieren des Marktes um das Jahresende herum zu unterstützen“, teilte Schnabel bei Twitter mit.

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