Bundeshaushalt

Scholz braucht neue Milliardenkredite

Auf 240 Mrd. Euro wird die Nettoneuverschuldung in diesem Jahr steigen. Der Bund benötigt in der Coronakrise einen Nachtragshaushalt und sprengt auch 2022 wieder die Schuldenbremse.

Scholz braucht neue Milliardenkredite

wf Berlin

Die Bundesregierung sattelt in diesem Jahr wegen der Coronakrise bei der Nettoneuverschuldung kräftig drauf und kann auch 2022 die Schuldenbremse nicht einhalten. Für 2021 plant Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) einen Nachtragshaushalt mit netto 60,4 Mrd. Euro zusätzlichen Krediten, verlautete in Berlin aus Regierungskreisen. Die gesamte Nettoneuverschuldung steigt damit 2021 auf 240,2 Mrd. Euro. Dies sind 44% der gesamten Ausgaben von 547,7 Mrd. Euro. Für 2022 sehen die Eckwerte für den Bundeshaushalt mit 81,5 Mrd. Euro eine Nettokreditaufnahme vor, die erneut weit über dem Limit der Schuldenbremse liegt. Ausgegeben werden sollen 419,8 Mrd. Euro. Von 2023 an soll die Schuldenbremse wieder greifen. Dies weist die mittelfristige Finanzplanung bis 2025 aus. Der Nachtragshaushalt 2021 und Eckwerte für den Bundeshaushalt 2022 sollen am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden.

Den Haushalt 2021 hatte Scholz schon mit erheblichen finanziellen Puffern ausgestattet, die nun wegen des anhaltenden Lockdowns aufgezehrt sind. Vom Nachtragshaushalt entfallen mit 42,2 Mrd. Euro zwei Drittel der Ausgaben direkt auf Coronafolgen – davon 25,5 Mrd. Euro auf weitere Unternehmenshilfen und 8,7 Mrd. Euro auf Maßnahmen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Pandemiebekämpfung. Rund 8,8 Mrd. Euro fehlen bei den Steuereinnahmen, nachdem die Wachstumsprognose von real 4,4% auf 3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zurückgenommen worden war. Wohl erst 2024 wird der Bund wieder an das Steueraufkommen vom Vorkrisenniveau 2019 anknüpfen. Weitere zu deckende Lücken sind der ausbleibende Bundesbankgewinn von üblicherweise kalkulierten 2,5 Mrd. Euro und höhere Zinsausgaben von 4,5 Mrd. Euro. An Zinsausgaben waren bislang rund 6 Mrd. Euro und damit ein Tiefstwert in den vergangenen Dekaden eingeplant. Fast schon unter gehen im Nachtragshaushalt die Entschädigungskosten für die Energieversorger von 2,4 Mrd. Euro für den vorzeitigen Atomausstieg.

Krisenvorsorge 2022

Für den Etat 2022 soll die Notfallregelung bei der Schuldenbremse wieder greifen. Die Nettokreditaufnahme von 81,5 Mrd. Euro reicht weit über die erlaubten 0,35% des BIP hinaus. Darin steckt weitere Vorsorge von 10 Mrd. Euro für unerwartete Pandemieausgaben. Finanziert sind damit die Ausgaben für das 2020 beschlossene Zukunftsprogramm, weitere 3 Mrd. Euro für Unternehmenshilfen und 5,4 Mrd. Euro für das KfW-Sonderprogramm. Der Etat wird nach der Bundestagswahl verändert werden. Die neue Regierung setzt damit eigene Schwerpunkte.

Der mittelfristigen Finanzplanung bis 2025 zufolge wird die Schuldenbremse von 2023 an wieder eingehalten. Dies gelingt aber nur mit Hilfe der sogenannten Flüchtlingsrücklage und weiteren Sparauflagen. Die Rücklage von 48,2 Mrd. Euro, die aus Überschüssen der guten Jahre stammt und wegen der Flüchtlingskrise nicht zur Tilgung von Bundesschulden verwendet wurde, soll nun erst ein Jahr später als bislang geplant Löcher stopfen: 2023 mit 32,2 Mrd. Euro und 2024 mit 16,0 Mrd. Euro. In den Jahren 2024 und 2025 besteht zudem sogenannter Handlungsbedarf von 4,9 Mrd. Euro und 15,2 Mrd. Euro. Dies sind bislang von Einnahmen ungedeckte Ausgaben, die die Grenzen der Schuldenbremse sprengen. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg, erinnerte daran, dass von 2026 an Jahr für Jahr rund 18 Mrd. Euro getilgt werden müssen. „Ich würde mir wünschen, dass auch von Seiten des Finanzministers nicht ständig der Eindruck erweckt würde, dass für alles und jeden Geld da ist“, erklärte Rehberg.

Bundeshaushalt 2022 und Finanzplanung bis 2025
NachtragEckwerte Eckwerte Finanzplan
in Mrd. Euro20212022202320242025
Ausgaben547,7419,8397,5402,7403,4
  Investitionen61,950,050,050,050,0
Steuereinnahmen284,0308,2322,8335,0347,4
Entnahme aus Rücklage *32,216,0
Handlungsbedarf4,915,2
Neuverschuldung240,281,58,311,510,0
*) Stand Ende 2020: rund 48,2 Mrd. EuroBörsen-Zeitung