Weltwirtschaftsforum

Scholz wirbt für Industriestandort Deutschland

Bundeskanzler Olaf Scholz preist Deutschland auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos als Industriestandort an. Die Energiekrise sei bewältigt, das Land auf gutem Weg zur Klimaneutralität und Einwanderer seien willkommen, lautet seine Botschaft.

Scholz wirbt für Industriestandort Deutschland

Reuters/dpa-afx Davos

– Angesichts der Zweifel am Wirtschaftsmodell Deutschlands hat Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos demonstrativ für Investition geworben. Anders als vorhergesagt habe Deutschland die Energiekrise gut bewältigt, sagte er. Deutschland werde 2045 einer der ersten klimaneutralen Industriestaaten der Welt sein, sei hochinnovativ und vor allem stabil. Es gebe kaum ein Land mit „einem solch breiten Einvernehmen zwischen Unternehmen, Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und Politik“ in der Frage des Umbaus der Industrie. Außerdem verwies Scholz auf eine wachsende Bevölkerung – auch hier hätten die Prognosen nicht gestimmt. In seiner Rede warb er ausdrücklich um Einwanderer: „Wer bei uns mit anpacken will, der ist uns willkommen, so lautet die Botschaft.“

Hintergrund sind die Zweifel, ob die hohen Energiepreise das Aus für die deutsche Industrie bedeuten. Scholz widersprach dem vehement. Das deutsche Wirtschaftsmodell habe auch vor der Energiekrise nicht allein auf der energieintensiven Massenproduktion von Aluminium, Zement oder Rohstahl beruht, sondern auf forschungs- und technologieintensiven, hochspezialisierten Industrieprodukten, die weltweit gebraucht würden. „Auch schon vor Russlands Angriffskrieg gehörten Deutschlands Energiepreise zu den höheren in der Welt. Und dennoch war und ist Deutschland wettbewerbsfähig“, sagte der Kanzler. Das liege an „Tausenden kleineren und mittelständischen Unternehmen im ganzen Land, die hochinnovativ sind und anpassungsfähig – und gerade deshalb oft Weltmarktführer“. Die deutsche Wirtschaft war im letzten Quartal 2022 stärker als erwartet gewachsen, weshalb Scholz schon am Dienstag betonte, dass eine Rezession abgewendet sei. Insidern zufolge wird die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose, die kommenden Mittwoch vorgestellt wird, nach oben schrauben – und auch die Inflationserwartungen senken (siehe Bericht auf dieser Seite).

Scholz hatte bereits Ende Dezember darauf verwiesen, dass man sich von der Vorstellung verabschieden müsse, dass Deutschlands Bevölkerung schrumpfe. „Bislang ist es anders gekommen. Deutschland hat heute so viele Einwohner und so viele Erwerbstätige wie nie zuvor. Und genau diese Entwicklung werden wir fortschreiben“, sagte er. Er hatte vor einigen Wochen von einer „plausiblen“ Entwicklung von bis zu 90 Millionen Einwohnern im Jahr 2070 gesprochen. Die Wirtschaft klagt über einen grassierenden Fachkräftemangel. Die Ampel-Regierung will deshalb die Zuwanderung von Arbeitskräften deutlich erleichtern. Einer Studie des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) zufolge ist es allerdings schwierig, Arbeitskräfte anzuwerben – diese würden zudem Deutschland oft rasch wieder verlassen (siehe Bericht auf dieser Seite).

Der Sondergesandte der US-Regierung für Klimafragen, John Kerry, wiederum lobte Deutschlands Klimapolitik. In Davos äußerte sich der Ex-US-Außenminister optimistisch, dass die Bundesrepublik ihre Klimaziele zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze erreiche. „Deutschland könnte es schaffen“, sagte Kerry. Weltweit sei man aber eher auf einem Kurs Richtung 2,5 Grad oder mehr. Deshalb müssten die Investitionen in den Klimaschutz vervielfacht werden. Der Kampf gegen den Klimawandel könne nur gelingen, wenn Regierungen Anreize für den Privatsektor schafften, in umweltfreundliche Technologien zu investieren, mahnte der ehemalige Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten. Die USA hätten das mit ihrem Anti-Inflations-Gesetz getan, das auch milliardenschwere Investitionen in den Klimaschutz und Soziales vorsieht. Nach Ansicht der EU-Kommission werden dadurch EU-Firmen benachteiligt, Produktionsverlagerungen und Jobverluste drohen.

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